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Suzanne Karo brach in Traenen aus. Hilflos schluchzend setzte sie sich auf die Umkleidebank und verbarg den Kopf in den Haenden. Betroffen kniete Anne
neben ihr hin. "Habe ich was Falsches gesagt? Hey Du, komm schon, was ist los? Erzaehl mir, was Du hast!" Karo wandte Anne ihr traenen
ueberstroemtes Gesicht zu und atmete tief durch. "Entschuldige, Anne,"meinte sie dann ruhiger, "nein, es ist nicht deine Schuld. Ich
hab ein bisschen Stress zur Zeit und meine Nerven sind einfach mit mir durchgegangen. Ich versuche schon seit einiger Zeit ein wenig
abzunehmen, ich kam auch schon ein wenig voran, doch jetzt weiss ich einfach nicht mehr, warum ich das tun sollte. Mich liebt ja eh keiner!"
Anne brach in ein helles Lachen aus und kuesste Karo schmatzend auf die Wange. "Na du Kleines, du schwelgst ja ganz schon in Selbstmitleid.
Komm, erzaehl, wer dir weh getan hat. Aber du erzahlst mir das auf dem Fahrrad - dann tun wir noch was fuer die Gesundheit." Anne scheuchte
Karo auf und zwang sie, sich um
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Kathi So kam es das die beiden Frauen keine 10 Minuten später auf den Trimmrädern saßen und während sie so Kilometer für Kilometer
herunterstrampelten erzählte Karo dieser wild fremden Frau alles war ihr so auf der Seele lag. Von Stefan und Paul, Babsi und Ihrer Mutter
und nicht zuletzt von ihrem wirren Traum. So kam es, das Sie sich tatsächlich beeilen mussten um nicht eingeschlossen zu werden, denn als
Karo fertig war hatten sie gerade noch Zeit zu duschen bevor das Studio schließt.
Da sie sich so toll verstanden, beschlossen die beiden noch auf eine Apfelschorle in diese tolle Kneipe um die Ecke zu gehen. Gesagt getan,
Anne verstand es wirklich zuzuhören und im richtigen Moment in Ihrer fröhlichen Art einen Einwand vorzubringen.
Die beiden Frauen beschlossen von nun an immer zusammen zu trainieren, denn geteiltes Leid ist halbes Leid und so gingen sie gegen Mitternacht auseinander.
Als Karo nach Hause kam, fiel ihr der komische Traum wieder ein. Sie schüttelte übe
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kathi Sie schüttelte über sich selbst den Kopf und holte sich noch ein Glas Wasser auf dem Kühlschrank, weil sie noch nicht in der Stimmung war um
zu schlafen. Hoffentlich kam sie morgen rechtzeitig aus den Federn, den es war schließlich Ihr erster Arbeitstag nach dem Urlaub.
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lucie Karo warf sich in den Sessel und schaltete den Fernseher an. Lustlos schaltete sie die Sender durch und blieb bei irgendeinem Bericht über
den Bandenkrieg in Russland hängen. Plötzlich hörte sie ein kratzendes Geräusch über sich. Karo nahm es zuerst gar nicht richtig wahr. Im
Fernsehen explodierte gerade ein Auto. Das kratzende Geräusch wiederholte sich, diesmal etwas lauter. Karo griff zur Fernbedienung
und schaltete den Ton ab. Mit angehaltenem Atem lauschte sie in die plötzliche Stille. Im Fernseher rannten Männer über die Strasse und
versteckten sich in irgendwelchen Häusern. Einige Zeit sass sie so bewegungslos da. Nichts passierte. Als Karo gerade wieder den Ton
anschalten wollte, hörte sie einen unterdrückten Schrei aus der oberen Wohnung und wieder dieses Kratzen. Es hörte sich so an, als wenn Möbel
hin-und hergeschoben werden würden. Karo runzelte leicht ihre Stirn. Wie kann man um diese Zeit seine Wohnung umräumen. Karo machte den
Fernseher wieder lauter. Einer der Männer
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lucie Einer der Männer, die vorhin geflüchtet waren, standen jetzt vor der Kamera. Pavel Sonstwie hiess er und er berichtete von unzumutbaren
Zuständen. Karo versuchte sich darauf zu konzentrieren, was er sagte. Dann knallte irgendetwas Schweres auf den Fussboden über ihr. Die Decke
über ihr erzitterte. Unwillkürlich zog Karo den Kopf ein und schaltete den Fernseher ab. Sie sass regunglos da und horchte in die Stille
hinein. Ihre Augen suchten die Decke ab, als ob der Aufprall Risse in die Decke gezogen hätte. Was,zum Henker, treibt der da oben! Karo blieb
noch gut eine Vierelstunde so sitzen, die Ohren zur Wohnung über ihr gerichtet. Es war kein Laut mehr von oben zu hören. Karo atmete tief
durch, und stand auf. "Ich werde jetzt besser schlafen gehn", sagte sie
zu sich selbst, "das Aufstehen morgen früh wird bitter genug"."Ach nein, heute früh", fügte sie mit einem Seufzer hinzu, als sie auf die
Uhr sah. Sie ging ins Bad, um sich die Zähne zu putzen und
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lucie huschte ins Bett. Sie löschte das Licht und kuschelte sich in ihr Kissen. Ihre Augen wanderten immer wieder zur Zimmerdecke, als könne
die ihr eine Auskunft geben, was da oben passiert ist. Irgendwann klappten ihr vor Müdigkeit die Augen zu. Karo riss sie mit einem
plötzlichen Schreck wieder auf. War da oben nicht eben wieder ein Geräusch gewesen? Karo zog die Decke von ihrem Ohr zurück und hob den
Kopf leicht an. Alles war still. Karo liess ihren Kopf wieder in die Kissen zurücksinken. Nach einer Weile fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
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lucie Am nächsten Morgen riss das Weckerklingeln Karo unsanft aus dem Schlaf. Karo zog die Decke über den Kopf, um dem Lärm zu entkommen. Das ist
gemein, dachte sie, ich bin doch gerade erst eingeschlafen, naja, was solls. Mit einen Sprung war sie aus dem Bett und schaltete den Wecker
ab. Sie schlurfte ins Bad, wo ihr erster Blick auf die Waage fiel. Karo überlegte einen Moment. Eigentlich habe ich recht gut und fettarm in
den letzten Tagen gegessen, sollte ich? Karo stand unentschlossen vor der Waage. Obwohl, überlegte sie, wenn ich nicht ein Gramm verloren
habe, ist der ganze Tag hinüber und das am ersten Arbeitstag. Egal, ich wills wissen. Karo stieg auf die Waage. Der Zeiger blieb genau bei
ihrem Ausgangsgewicht stehen. "Verdammter Mist", murmelte Karo. Wenigstens 200g hätten sich verabschieden können. Missmutig ging sie in
die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Später dann packte sie die Sachen zusammen, die sie heute essen wollte. Ihre Tasche platzte bald,
so war sie mit Äpfeln
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lucie Ihre Tasche platzte bald, so war sie mit Äpfeln vollgestopft. Die im Büro werden Augen machen, wenn sie zum Früchstück das Obst rausholen
würde. Ein wenig Bammel hatte sie vor den Bemerkungen ihrer Kollegen. Besonders vor dieser grossen, schlanken Blondine aus dem Büro nebenan,
die ständig in der Mittagspause mit ihren Salatblättchen rumwedelte und immer wieder mit unangenehm schriller Stimme unterstrich, sie hätte es
nicht nötig auf Schokolade zu verzichten. Man müsse sich nur zu beherrschen wissen. Dann liess sie ihre Blicke regelmässig zu Karo
hinüberschweifen, die ihre Augen dann immer geflissentlich auf ihr Kantinenessen richtete. Aber das hat ab heute ein Ende. Karo wollte ihr
schon zeigen, daß sie durchaus in der Lage war, auf das fette Essen zu verzichten. Karo richtete sich auf und schob den Kopf noch ein Stück
nach oben. Ihr werdet schon sehen! In Gedanken schon ganz bei Ihrer Arbeit verliess sie die Wohnung und war im Begriff, den Hausflur zu durchqueren.
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lucie Plötzlich hörte sie ziemlich eilige Schritte hinter sich. Karo drehte sich um und prallte um ein Haar mit Paul zusammen, der die Treppe
hinuntergerannt kam. "Oh, guten Morgen", keuchte Paul. "Guten Morgen",
erwiederte Karo. "Paul, ich...",begann Karo. "Was!" Paul fuhr herum und
sah Karo mit funkelnden Augen an. Karo blickte Paul erschreckt an. Als Paul Karos Reaktion bemerkte, fuhr etwas sanfter fort. " Hat meine
Katze Sie wieder überrascht?" Paul stand so zur Wand gerichtet, das Karo seine rechte Gesichtshälfte nicht sehen konnte. Irgendwie war ihr
so gewesen, als hätte sie in dem Moment, als er an ihr vorbei wollte, irgendeine Wunde oder einen Kratzer auf seiner Wange gesehen. "Ach
nichts weiter." Karo senkte den Kopf. "Es ging nur um eine Hausmitteilung, nicht weiter wichtig." "Also gut, Karo, ich bin spät
dran. Schönen Tag noch." Paul stürzte aus dem Haus. In dem Moment, in dem er sich zur Tür wandte, sah sie ganz deutlich die Schramme, die
sich über seine gesamte Wange zog.
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Tina Im Büro angekommen, ging Karo resolut zu ihrem Schreibtisch und grüßte nur zwei nette Kolleginnen, die ihr auf dem Flur begegneten.
Die blonde Salatschnecke bemerkte zwar Karos neue Frisur, grinste aber trotzdem ihr fieses "ich-bin-schlanker-und-hübscher-als-du"-Lächeln.
Doch Karo war zu sehr in Gedanken, als daß sie die heute auch nur gegrüßt hätte.
Was war denn bloß mit diesem Paul los? Erst steht er halbnackt in ihrem Wohnzimmer und stammelt was von der Katze, dann ihr eigenartiger Traum
und jetzt diese komische Begegnung im Treppenhaus. Wo kam dieser Kratzer her? Diese kleine Katze konnte den doch unmöglich verursacht haben.
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Tina Karo tippte lustlos an einem Brief herum und nahm sich dann einen Stapel Post vor, der sich auf ihrem Tisch gehäuft hatte.
Die Stunden vergingen aber glücklicherweise wie im Flug und schon war Mittagspause. Stolz lehnte sie die Aufforderung einiger Kollegen ab,
die sie in die Kantine mitschleppen wollten und nahm demonstrativ ihre Äpfel aus der Tasche.
Und welch ein Wunder, es kam keine schräge Bemerkung. Denen würde sie es zeigen, sie hatte doch schon so oft von Menschen gelesen, die sehr
viel Gewicht verloren und hinterher wie Models aussahen. Warum sollte ihr das nicht gelingen?
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Jerusha Voller Elan biss sie in den ersten Apfel. Na also, schmeckte doch ganz gut! Nach dem ersten Apfel griff sie zum zweiten. Und jetzt ein
leckeres Schnitzel! Huch - hatte sie das eben gedacht?? Nein, sie würde jetzt nicht aufgeben. Ihr Magen fing an, Geräusche von sich zu geben...
jetzt bloss nicht an das Kantinenessen denken!!!
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Tina Was fand sie denn bloß an diesem fettigen, geschmacksverstärktem Essen? Zumal sie ja wußte, daß es ihr nicht bekam. Immer hatte sie danach ein
ekliges Völlegefühl und war jedesmal kurz davor gewesen, sich auf dem Büroteppich ein Mittagsschläfchen zu gönnen. Mal abgesehen davon, daß
genau dieses Essen ihr in den letzten Jahren an Gewicht so zugesetzt hatte. Sie wollte das Zeug nicht mehr, oder wenn, dann nur in kleinen
Mengen, die sich nicht immer direkt überall an Karos Körper als Fettringe abzeichneten. Aber irgendwie schmeckte Salat und Gemüse nicht
so recht ohne Fleisch, und Karo brauchte hin und wieder einfach ein Steak oder diesen leckeren Sauerbraten, wie ihre Mutter ihn machte,
darauf wollte sie nicht verzichten. Karo schüttelte den Kopf, es war eine Sucht, genau wie ihre ständige unbändige Lust auf Schokolade, Eis
oder Sahnetorte. Ein Teufelskreis, aus dem man nicht entkommt, dachte Karo bei sich und war den Tränen nahe.
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Tina Den zweiten Apfel hatte sie nicht mal ganz herunterbekommen, da wollte sie schon aufstehen und in Richtung Kantine gehen. Ausgerechnet in
diesem Moment schwebte die blonde dünne Sekretärin um die Ecke und grinste Karo wieder mit diesem überlegenen Blick an. Und da fühlte Karo
sich so elend, daß sie einfach drauf los heulte. Ihr Gegenüber war im ersten Moment so verdutzt, daß sie abrupt stehenblieb. Karo stützte den
Kopf auf ihre verschränkten Arme und schluchzte hemmungslos in sich hinein bis ihre blonde Kollegin näher kam und ihr die Hand auf die
Schulter legte. "Was ist denn los mit Ihnen? Geht es Ihnen nicht gut?" Karo sah kurz auf und als ihr bewußt wurde, daß sie ja nicht allein
war, drehte sie sich schnell zur anderen Seite und kramte Taschentücher aus der Schublade ihres Tisches.
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Tina Die Stimme der Blonden wurde nun sanfter. "Kann ich Ihnen vielleicht irgendwie helfen? Wenn Sie Sorgen haben, reden Sie es sich ruhig von
der Seele, es ist ja sonst keiner mehr hier. Alle sind in der Kantine." Karo schluchzte nocheinmal. "Ach das ist es ja gerade, dieses verdammte
Essen, es verfolgt mich, ich bin besessen von diesem ganzen ungesunden Zeug!" Die Kollegin seufzte merklich. "Ja, ich weiß, das kenn ich
alles, ich hatte genau das gleiche Problem. Ich war nicht nur süchtig nach Chips und Schokolade jeder Art, ich konnte an keinem Fast-Food-
Laden vorbeifahren ohne mir nicht endlose Kalorien reinzustopfen." Karo sah sie verdutzt an. "Glauben Sie mir nur, ich hatte bis vor drei
Jahren 40 Kilo Übergewicht!" Karo schluchzte nicht mehr, sie sah ihre Kollegin nur an und da lächelten sich beide unwillkürlich wie Verbündete an.
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kuehlein Was, die Salatschnecke sollte eigentlich mal ne "fette" Schnecke gewesen sein? Nein, nie und nimmer. Oder doch? Was hat Sie gemacht? Sie
sah einfach klasse aus, ehrlich. Auch wenn Karo sie immer als "Spargel" betrachtet hat, in ihrem Innersten fand sie, dass die Salatschnecke
toll aussah. Ja genau, wie hat sie es nur gemacht? Karo musste das Geheimnis ergründen. 40 kilo, sie würde wie eine Elfe aussehen, wenn
sie die weniger hätte. Karo richtete sich auf, stammelte etwas von ".. wie haben Sie, .. ähm, das hätte ich nie gedacht....".
Die Salatschnecke grinste: "Kommen Sie mal mit.." und lockte Karo in die Kaffeeküche.
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lucie Die Blonde ging zu dem Schrank und öffnete die oberste Tür. Hinter einigen Tütchen und und Schachteln zog sie eine grosse Dose heraus, auf
der ein Glas mit einer schokoähnlichen Flüssigkeit abgebildet war. Strahlend hielt sie Karo die Dose hin. "Mein Geheimrezept für einen
schönen schlanken Körper!" Karo drehte die Büchse in der Hand. "Ich
weiss nicht",sagte Karo, "damit wollen Sie 40 Kilo abgenommen haben?"
Die Blonde schnappte sich die Dose wieder. "Naja, etwas Willensstärke gehört schon dazu. Jeder hält das sicher nicht durch, sich monatelang
nur von Flüssigkeit zu ernähren. Aber wenn man will, geht alles. Ich kann das jedenfalls nur empfehlen. Ich trinke das öfter am Tag und
ansonsten esse ich nur etwas Obst und Gemüse." "Und das über Jahre hinweg?" Karo blickte die Blondine zweifelnd an. "Natürlich",
bestätigte die Blonde. "Haben Sie nie Appetit auf richtiges
Essen?" "Doch, natürlich", die Blonde atmete tief durch, "man muss eben Prioritäten setzen. Schlemmem oder schlank sein
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lucie In diesem Moment füllte sich der Flur hinter ihnen mit Stimmen an. Fetzen von Gelächter klang an Karos Ohren. Die Kollegen kamen aus der
Kantine wieder. "Überlegen Sie mal, Karo, Sie können nicht schneller abnehmen." Die Blonde klapperte mit ihren Fingernägeln auf der Dose
herum."Aber,wenn Sie naturlich noch jahrelang an Ihrer Wunschfigur herumbasteln wollen, wünsche ich Ihnen viel Spass und Ausdauer dazu."
Die Blonde kehrte Karo den Rücken zu und stellte die Dose wieder zurück hinter die Schachteln. Wahrscheinlich wäre es ihr unangenehm gewesen,
wenn sie entdecken würde. Die Blonde schloss den Schrank wieder sorgsam und ging an Karo vorbei zurück ins Büro. Karo stand noch etwas verwirrt
vor dem Schrank. In ihrem Kopf hämmerten die 40 Kilo. 40 Kilo, nur um den Preis, einige Wochen, eventuell wenige Monate kürzerzutreten. Und
dann hätte sie es geschafft. Dann könnte sie immer noch ihre Ernährung umstellen und schön fettarm essen. Aber das ganze verhasste Fett wäre
verschwunden. Dann
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lucie Dann würde es auch nichts ausmachen, wenn sie sich ab und zu mal ein Stück Schoki genehmigen würde. Sie wäre ja so schlank. Ihre Gedanken
kreisten nur noch um das Wunderpulver. Was sprach eigentlich dagegen, das sie es mal ausprobierte, schaden wird es schon nicht. Karo drehte
sich mit einem Ruck um und kehrte zu ihrer Arbeit zurück. Am liebsten wäre sie sofort in die Drogerie gerannt, um sich das Pulver zu holen,
aber das war schlecht möglich. So setzte sie sich wieder an ihren Schreibtisch und machte sich daran möglichst schnell noch den Rest zu erledigen.
Nach der Arbeit ging sie in der Drogerie vorbei und eilte dann auf dem schnellsten Weg nach Hause. Sie wollte keine Minute verlieren, um
endlich an ihr Ziel zu kommen.
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Katrin Immer schneller ging sie nach Hause. Am Ende rannte sie fast die Treppe hinauf.
Sie schloß die Wohnungstür auf und ließ dabei die Post fallen, die sie im Vorbeigehen aus ihrem Briefkasten gezerrt hatte.
Beim Aufsammeln der zahlreichen Werbesendungen fiel ihr eine bunte Karte besondern auf.
Sie legte Schlüssel und Tasche beiseite und nahm den Stapel Post mit ins Wohnzimmer.
„Sie wollen schlank und rank sein ? Dann tun sie etwas dafür !" stand auf der Vorderseite zu lesen. Siedrehte die Karte um und entdeckte,
dass diese Karte an sie direkt adressiert war. Sie überflog die handgeschriebenen Zeilen und entdeckte die
Unterschrift. „Liebe Grüße, Anne" stand am Ende der wenigen Worte, die doch so viel ausdrückten...
Anne dankte ihr für das gemeinsame Training im Fitnesscenter und schrieb ihr, dass sie, wenn sie, Karo, nicht gewesen wäre,
wahrscheinlich auch über kurz oder lang aufgegeben hätte. Karo konnte sich das kaum vorstellen. Anne, die selbstbewusste, starke Frau wollte aufgeben
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Trine . Anne, die selbstbewusste, starke Frau wollte aufgeben ? Nein... Nie und nimmer !
Sie beschloß, Anne anzurufen. Das wollte sie nun doch genauer wissen. Als sie ihr kleines Notizbuch herausholen wollte, fiel ihr Blick auf
die Dose, die sie in der Drogerie gekauft hatte. 40 Kilo... In so kurzer Zeit... Ohne Verzicht... 40 Kilo...kreiste es in ihrem Kopf
herum. Karo sah die Blondine aus dem Büro vor sich. Schlank. Und nie mit richtigem Mittagessen im Magen ? NEIN ! NEIN, NEIN, NEIN und nochmals NEIN.
Sie nahm die Dose und las, welche Inhaltsstoffe darin enthalten waren. Chemie. Reine Chemie. Dann doch lieber ein paar anständige Nudeln und
einen schönen großen Salat, dachte sie sich und stellte die Dose beiseite. Sie wählte Annes Nummer und ließ es ein paar Mal klingeln. Nach einer
Weile ging der Anrufbeantworter an. Karo legte auf. Sie wollte mit Anne reden – nicht mit ihrem Anrufbeantworter.
Sie nahm die Dose mit in die Küche. Vielleicht sollte sie es doch mal versuchen... Sie laß
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Trine Sie nahm die Dose mit in die Küche. Vielleicht sollte sie es doch mal versuchen...
Sie laß die Gebrauchsanweisung und holte sich dann ein Glas Wasser, in das sie 3 Esslöffel von dem Pulver einrührte... Eine weißliche
Flüssigkeit entstand. Sie roch daran. Es roch nach nichts... rein gar nichts... Sie probierte einen Schluck....
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lucie Huch, das hat sich überschnitten :-) Ich hoffe, es passt irgengwie noch. lucie
In der Küche angekommen, riss Karo die silbrige Folie von der Dose. Hm, sieht aus, wie Kakaopulver. Vorsichtig steckte sie ihre Nase in die
Dose. Wahrscheinlich erwartete sie, das das braune Pulver einen unangenehmen Geruch verströmte, der sie abschrecken sollte. Nichts
dergleichen war der Fall, es roch einfach nach gar nichts. Nun dann, dachte sich Karo, werden wir mal probieren. Sie mischte sich ein
Getränk zusammen und nippte vorsichtig am Glas. Es schmeckte nicht unangenehm, zwar nicht mit echtem Kakao zu vergleichen, aber auch nicht
ekelerregend. Ich denke, damit könnte ich eine Weile leben. Karo trank das Glas in einem Zug aus. Hm, Karo drehte sich in der Küche um,
irgendwie fehlt was richtiges zu beissen, aber da werd ich mich noch dran gewöhnen. Oh nein, Karo fuhr der Schreck in die Glieder, sie hatte
sich doch heute mit Anne im Studio verabredet, um 20.00 Uhr. Karo warf einen schnellen Blick auf ihre Uhr. Es war 20 vor acht. Sie würde es
gerade noch schaffen. Karo raffte i
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Faten Karo raffte ihre Sportsachen zusammen. Sie lief durch den Flur und schnappte sich im Vorbeieilen den Haustürschlüssel von der Kommode und
die Jacke, die vorhin nur ganz flüchtig über einen Stuhl geworfen hatte. Hoffentlich schaffe ich es noch Anne zu treffen, dachte Karo, während
sie zur Bushaltestelle lief. Irgendwie hatt sie schon wieder Hunger. Mist, dachte Karo, jetzt habe
ich heute so gesund gegessen, massen an Äpfeln habe ich verdrückt und eben noch diesen angeblich sättigen Abnehmdrink getrunken. Und dann habe
ich schon wieder Hunger. Das kann und darf doch gar nicht sein. Leicht gefrustet stieg sie in den Bus, der gerade eben neben ihr gehalten hatte.
Ob ich es jemals schaffen werde, gesund zu leben und glücklich zu sein? Nachdenklich saß Karo im Bus und hätte beinahe ihre Haltestlle verpaßt.
Sie sprang aus dem Bus. Gerade noch rechtzeitig. Puuh, das war knapp, dachte sie, während sie die Beine in die Hand nahm, um keine Minute mehr
zu versäumen. Anne würde sich wundern
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Sabine was sie alles zu berichten hatte. 10 Minuten später als beide nebeneinander auf dem Fahrrad saßen, konnte sie sich kaum auf das
Gespräch konzentrieren, da sich die ganze Zeit ihr Magen bemerkbar machte. Vorsichtig schaute sie sich um, ob andere ihr Magenknurren auch
bemerkten, aber dies schien nicht so zu sein. Und da hatte sie schon die leise Vorahnung, dass dieses Pulverzeug auch
nicht die Lösung sein konnte. Nein, nein irgendwie wußte sie, dass sie essen musste, fettarm und gesund, aber sie musste feste Nahrung zu sich
nehmen, lernen sich vernünftig zu ernähren und nicht nur von Diätdrinks. Und dann schmunzelte sie auf einmal über sich selbst und wie
sie wie eine Verrückte in den Drogeriemarkt gehetzt ist um die Drinks zu ergattern und jetzt - kurze Zeit später - war schon wieder alles vorbei.
Als Anne sie aufmerksam betrachtete und meinte "lass mich gefälligst mitlachen" klärte sie sie natürlich sofort auf, und Anne berichtete,
dass sie 1/4 Jahr an einem Programm in einem Kra
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sabine in einem Krankenhaus teilgenommen hatte. "12 Wochen lang trank ich auch nur solch merkwürdigen Diätdrinks und hatte 25 kg abgenommen"
plauderte Anne fröhlich drauflos. Aber nur um in kürzester Zeit 30 kg wieder zuzunehmen, nun ja, solche Erfahrungen muss man halt machen,
man darf sich bloß nicht unterkriegen lassen
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kuehlein aha, dachte sich karo, annes erzählung lauschend. 25 kilo in einem vierteljahr. hm, ok, dass sie 30 wieder zugenommen hat, das war pech.
aber eigentlich klingen 25 kilo nicht schlecht. wenn sie die erstmal runter hat, dann gewöhnt sie sich halt an die fettarme ernährung,
dachte sich karo. das wird einem ja dann nicht mehr schwer fallen. und wenn sie erstmal 25 kilo weniger hätte, mensch, wie sie aussehen würde.
nein, zunehmen würde sie die NIE wieder. ach in karos kopf sprangen die gedanken. auf jeden fall aber hatte sie jetzt richtig hunger. sie zog
anne vom rad und meinte: "komm, lass gut sein für heute. ich hab jetzt richtig kohldampf. heute könnte ich mir mal meine lieblingspizza
leisten. ich hab schon so gut durchgehalten. ich brauche was festes, sonst kipp ich um."
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Tina Es wurde ein richtig lustiger Abend. Anne war so nett, und sie hatten so viele Gemeinsamkeiten. Beide hatten schon so einiges an Diäten
hinter sich, in denen sie nur Ananas, Kiwis oder Eier gegessen hatten und all das nun nicht mehr sehen konnten. Beide hatten nie besonders
gern Sport gemacht und waren bei Völkerball immer die Letzten gewesen, die in eine Mannschaft gewählt wurden.
Und als Karo meinte, sie müsse vielleicht mal den Kellner fragen, wieviele Kalorien in so einer Pizza sein mochten, lachte Anne herzhaft
drauf los und umso mehr, als Karo ihr einen leicht verzweifelten Blick zuwarf.
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Tina Doch Karo genoß ihre Pizza, denn sie hatte die ganzen letzten Tage nur rohes Zeug gegessen und kaum etwas Warmes zu sich genommen.
Es wurde recht spät und Anne brachte Karo noch nach Hause und fragte, ob sie sich sich nicht morgen nach der Arbeit treffen sollten um einen
kleinen Stadtbummel zu unternehmen. Karo sagte gern zu und stieg glücklich grinsend aus. Winkend fuhr Anne davon und Karo merkte erst
jetzt, wie müde sie war.
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lucie Karo schloss die Tür auf. Dunkel lag die Wohnung vor ihr. Schemenhaft ragte der Fernseher im Wohnzimmer hervor. Mit einem leichten Frösteln
erinnerte sich Karo an den gestrigen Abend und die Verletzung in Pauls Gesicht. Sie warf ihren Schlüssel auf das Schränkchen neben der Tür und
langte nach dem Lichtschalter. Ein Schrei liess sie innehalten. Karos Augen weiteten sich in der Dunkelheit vor Schreck. Das war kein leiser,
unterdrückter Laut, wie gestern abend, sondern ein durchdringender Schrei, der abrupt von irgendwas beendet wurde. Und er kam eindeutig
aus der Wohnung über ihr. Karo stand reglos an der Tür. Was sollte sie tun? Zu Paul hochgehen, an der Tür klingeln und sagen:"Entschuldigung,
ich habe einen Schrei bei Ihnen gehört, ist alles in Ordnung?" Karo schüttelte leicht den Kopf. Paul war myteriös genug, das würden sie
sich nicht mal am hellichten Tag in Gabis Begleitung trauen. Gabi! Oh Gott, nein, er wird doch Gabi nichts antun!
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lucie Der Schreck fuhr Karo in die Glieder. Verdammt! Karo überlegte fieberhaft. Sie wagte sich nicht Licht anzumachen, aus Angst Paul
könnte den Lichtschein sehn, wenn er auf den Balkon hinausging. Dann hätte er ganz sicher gewusst, das sie auch etwas gehört hat. Sie
überlegte, wen sie anrufen könnte. Aber, wer würde ihr das schon glauben, und wegen einem Schrei solches Aufheben machen. Vielleicht war
sie wirklich etwas überreizt? Polizei? Die würden sie wahrscheinlich damit beruhigen, das Paul seinen Fernseher nur etwas lauter gemacht
hat. Selbst, wenn sie hier auftauchten und es wäre nichts in Pauls Wohnung, wie würde sie denn dastehen? Vermutlich würden sie an ihr
hinunterblicken und sich sagen, das die pummliche junge Frau das Interesse ihres Nachbarn erwecken wollte und nun, da sie abgewiesen
wurde, sich so an ihm rächen wollte. Karo malte sich diese Szene im Kopf aus. Sie könnte Paul nie mehr ins Gesicht schauen.
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lucie Und Gabi auch nicht. Sie wäre total blossgestellt. Anne! Anne würde sie verstehen. Aber sie hatte keine Telefonnummer von ihr, vielleicht auf
der Karte. Karo lief leise in die Schlafstube, wo sie immer eine Taschenlampe zu liegen hatte. Glücklicherweise fand sie diese auch
sofort und knipste sie an. Karo kam sich wie ein Einbrecher in der eigenen Wohnung vor. Soweit sie wusste, hatte sie die Karte in die
Küche gelegt, als sie dieses Pulverzeug ausprobiert hatte. Sie huschte in Küche und leuchtete auf den Küchentisch. Plötzlich liessen dumpfe
Geräusche von oben die Decke erbeben. Es hörte sich an, als wenn jemand mit den Füssen auf den Boden schlug. Oder mit dem Kopf? Karo hatte
diese grausige Szene bildlich vor Augen. Sie leuchtete unter den Tisch, damit kein Lichtschein nach aussen gelangen konnte. Dann hörte sie nach
ein zweites Paar Schuhe, genau über ihr, sie mussten jetzt unmittelbar neben der ersten Person stehen. Das Trampeln verstummte.
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lucie Nach einem Moment hörte Karo ein schleifendes Geräusch, als wenn ein schwerer Körper über den Boden gezogen wurde. Die Wohnungstür oben
wurde geöffnet und wieder geschlossen. Das schleifende Geräusch hielt an. An der Treppe verstummte es und eine Person ging langsam,
schleppenden Schrittes herunter, als wenn sie mit etwas schwerem beladen ist. Karo schaltete die Taschenlampe aus. Ihr Herz klopfte ihr
bis zum Hals, sie wagte es nicht, sich einen Millimeter zu bewegen. Die Haustür wurde aufgestossen und einen Moment später hörte sie, wie ein
Auto angelassen wurde und davon fuhr. Karo stand eine halbe Ewigkeit bewegungslos da. Sie erwartete irgendwie, das das Auto zurückkam und
derjenige sie entdeckte und auch in das Auto zog. Nichts dergleichen passierte. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück und setzte sich leise in
den Sessel. Was war da geschehen, was sollte sie tun? Sie lehnte sich zurück, sie konnte doch jetzt nicht einfach ins Bett gehen, als sei
nichts geschehen.
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lucie Karo war hellwach, aber in gleichen Moment war ihr Kopf auch wie leer. Sie sass nur da und starrte in die Dunkelheit. Die Angst schnürte ihr
immer noch den Hals ab und sie wagte kaum, sich im Sessel zu bewegen. Nach einer Weile fielen ihr automatisch die Augen zu und ihr Kopf
sackte zur Seite weg. Ein paar Stunden später riss sie ein quäkendes Geräusch aus dem Schlaf.
Karo riss die Augen auf, in der Erwartung, Paul stände vor ihr, bereit, ihr den Kopf einzuschlagen. Es war aber nur der Radiowecker, der aus
dem Schlafzimmer zu ihr hinübertönte. Karo richtete sich in dem Sessel auf. Jeder Knochen tat ihr weh. Sie streckte sich. Irgendwie kam ihr
die letzte Nachte so unwirklich vor. War sie etwa wieder eingeschlafen und hatte wieder alles nur geträumt? Wenn, dann sollte sie mal ganz
dringend zum Psychater gehen. Sie schlurfte in die Küche, um sich einem Kaffee zu machen. Der erste Blick fiel auf die Taschenlampe, die noch
immer auf dem Küchentisch lag.
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lucie Nein, es war kein Traum gewesen. Jede Einzelheit der vergangenen Nacht stand wieder vor ihrem Auge. Karo schlug die Hände vor ihrem Gesicht
zusammen. Wenn sie nur wüsste, was los war. Bildete sie sich das alles nur ein? Karo fühlte sich so hilflos. Erstmal was richtiges essen und
dann würde sie wieder einigermassen klarsehen. Karo öffnete den Kühlschrank und warf einen Blick hinein. Nein, da lag nur Gemüse und
fettarmer Quark herum. Das war nicht das, was sie jetzt brauchte. Sie wollte irgendetwas Süsses, Fettiges, wie der Kuchen, den ihre Mutter
immer gebacken hat, das würde sie beruhigen, sie wäre wieder klein, sie hätte für nichts Verantwortung, es würde sie nichts angehen, was
rundherum geschieht. Was solls, sie käme auf dem Weg zur Arbeit eh an einer Bäckerei vorbei, da könnte sie sich dann ein oder zwei Stücken
Kuchen holen. Bis sie in ihrem Büro ankommen würde, hätte sie den schon gegessen, so das das niemand weiter mitbekommen würde. Sie dachte kurz
an das Ziel, was sie sic
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lucie , was sie sich gesetzt hatte, das sie doch abnehmen wollte. Müde drehte Karo ihren Kopf zur Seite. Das ist eine Ausnahme heute, ich muss
nachdenken, ich muss entscheiden, was ich tun soll, das kann ich nicht, ohne...Ohne was? Die Stimme in ihrem Kopf würde lauter. Ohne Kuchen und
Schokolade kannst Du nicht nachdenken? Gib es doch zu, Du willst Dich wieder betäuben, wie unzählige Male vorher auch schon, Du suchst wieder
vor Dir selbst eine Entschuldigung, um passiv zu bleiben. "Nein", schrie Karo in die morgentliche Stille. Die Vögel draussen hörten
verwundert einen Moment lang auf zu zwitschern. Karo fasste sich an den Kopf. Was war nur los mit ihr? Ihr Blick geriet zufällig auf die
Küchenuhr. Schon 10 vor sieben. Sie musste sich ganz dringend beeilen. Sie duschte sich eilig, zog sich an und stürmte aus der Wohnungstür. Im
Flur hielt sie einen Moment inne und blickte die Treppenstufen an, die nach oben führten. Ein kurzes Schaudern überfiel sie. Rasch ging sie
zur Haustür weiter un
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lucie und eilte aus dem Haus. Auf der Strasse blickte Karo nochmals zum Haus zurück. Die Vorhänge vor Pauls Fenstern waren noch zugezogen. Sie hatte
den Eindruck, als wenn die Fenster sie feinselig anstarrten. Karo schüttelte den Kopf und setzte ihren Weg fort. Gegenüber von der
Bushaltestelle ging sie in die Bäckerei. Ein süsslicher Duft nach Frischgebackenen umfing sie. Der Mann vor ihr unterhielt sich gerade
mit der Verkäuferin. "Ja, und die anderen standen nur drumherum und taten nichts", hörte Karo den Mann gerade noch sagen. "Schlimm ist
das", antwortete die Frau, "aber, was will man auch machen." Sie sah einen Moment lang betroffen auf die vor sie liegenden Brötchen
herunter."..taten nichts..", Die Worte klangen in Karos Ohren nach. War
sie nicht auch eben im Begriff nichts zu tun? "Was möchten Sie?" Die
Bäckersfrau lächelte Karo an. " Ähm". Karo gab sich einen Ruck. "ich
hätte gern zwei Mehrkornbrötchen." Die Frau packte die Brötchen in eine Tüte und tippte auf der Kasse herum.
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lucie "Und, ausserdem noch?" Karo hätte am liebsten geschrien, noch zwei Streuselkuchen und ein Stück von dem Pflaumenkuchen und ausserdem noch
ein Stück Quarkkuchen. "Nichts weiter, danke",sagte Karo mit belegter Stimme. Sie bezahlte die Brötchen und stolperte aus dem Laden.
Glücklicherweise kam auch gerade ihr Bus, sonst wäre sie vielleicht nochmal zurückgegangen. Im Büro angekommen, sank Karo auf ihren Stuhl.
So weit, so gut, dachte sie sich. Aber wie nun weiter. Sie spürte, das sie Hunger bekam. Sie zog ein Brötchen aus ihrer Tasche und begann
gedankenverloren darauf herumzukauen. "Hey Karo", ein Kollegin stubste sie von der Seite an, "alles ok? Du siehst etwas übernächtigt aus. Bis
in den frühen Morgen gefeiert?""Ähm, nein", Karo blickte etwas überrascht auf. "Ich hab nur schlecht geschlafen, letzte Nacht. Wir
hatten Vollmond, nicht?" versuchte Karo zu scherzen. "Meines Wissens
nach nicht",lachte die Kollegin."Im übrigen steht Dein Quark noch im Kühlschrank,
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lucie ich glaube, den hast Du gestern vergessen." "Oh danke." Karo fiel es
plötzlich wieder ein, das sie den fettarmen Quark in den Kühlschrank gestellt hatte und wegen der ganzen Aufregung mit dem Wunderpulver
diesen total vergessen hatte. Da musste sie ihr Brötchen nachher wenigsten nicht trocken herunterwürgen. Der Tag verging ziemlich
schnell, zum Mittag hatte Karo noch ein halbes Brötchen vom Frühstück und noch ein paar Äpfel vom gestrigen Tag. Nachmittags packte sie aber
doch der Hunger. Ich werde mit Anne erstmal was essen gehen, sonst kipp ich auf der Strasse noch um. Reicht schon, das ich aufpassen muss, um
nicht beim Laufen einzuschlafen. Karo freute sich darauf, sich mit Anne zu treffen. Sie hatte irgendwie den Eindruck, das sie Anne so vieles
erzählen konnte, was ihre Freundinnen, wie Babsi oder auch Gabi nie verstehen würden. Sie waren eben noch nie dick und konnten sich
wahrscheinlich gar nicht vorstellen, was Karo in manchen Situationen empfand.
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lucie Anne wartete schon auf Karo am vereinbarten Treffpunkt. Als Karo sie sah, lief sie die letzten Schritte auf Anne zu. "Hab ich mich
verspätet?" stiess Karo keuchend hervor. Anne lachte. "Nein, Karo, beruhige Dich, ich war nur schon etwas früher hier. Kein Grund, gleich
in Hektik zu verfallen." Karo schluckte, "irgendwie bin ich heute auch nicht in Höchstform. Anne, ich muss ganz dringend was essen, sonst
breche ich hier vor Deinen Füssen zusammen." "Soweit wollen wir das doch nicht kommen lassen." Anne wandte sich zum Gehen um. "Ganz in der
Nähe hier hat eine Salatbar aufgemacht." "Salatbar?" Karo blickte Anne
zweifelnd an. "Ja, nun komm schon, Karo, da gibt es verschiedene Salate und herrlich frische Vollkornbaquette dazu. Ich hab nämlich auch
Hunger." Anne kicherte. "Bevor wir uns hier unter den Passanten ein wehrloses Opfer schnappen, schlage ich vor, wir füllen uns den Bauch
mit Salat und die Menschheit ist ne Zeitlang sicher vor uns." Karo prustete laut los.
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lucie Das war genau das, was sie an Anne liebte. Sie hatte eine wunderbar unkomplizierte Einstellung zu ihrem Essdrang und versuchte diesen
nicht, wie Karo, zu unterdrücken und sich damit ein ungutes Gefühl zu verschaffen, was im nächsten Fressanfall endete. Anne stand ganz
offensichtlich zu ihren Fehlern. "Weisst Du, Karo",hatte Anne mal zu ihr gesagt,"es nützt mir nichts, wenn ich mir sage, ich hätte kein
Problem mit dem Essen, wenn mein Spiegelbild mir jeden Tag das Gegenteil beweisst. Ich muss einen Weg finden, damit umzugehen, einen
Weg, der für mich gangbar ist, ohne das ich auf der Strecke bleibe." "Na dann los", Karo zog Anne mit sich fort,"sonst stürz ich
mich doch noch auf den knackigen, jungen Mann da drüben, der würde sich vor Schreck sicher gleich flach auf den Boden werfen." Anne lachte
lauthals. "Und wahrscheinlich um Gnade flehen, und Dir all seine Rentenfonds und Aktien anbieten, um ihn am Leben zu lassen." Karo
grinste,"ich würde gnädig sein".
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lucie Kichernd zogen beide die Strasse hinunter und gingen in die von Anne benannte Salatbar. Sie fanden einen Tisch am Fenster, der etwas abseits
der anderen stand. Der Kellner brachte sofort die Karte und Karo blickte staunend hinein. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele
Salate gibt. Ist ja wirklich schwer eine Auswahl zu treffen." Anne lachte. "Dachtest Du, es gibt nur gemischten Salat, der in den meisten
Restaurants auch noch aus ein paar verwelkten Blättern und Wassertomaten besteht?" "Ja, so ungefähr", meinte Karo, "ich hatte
eigentlich immer eine Abneigung gegen dieses Grünfutter, ich konnte mir nie vorstellen, dass sowas schmecken könnte, aber wenn ich das hier
sehe, lasse ich mich gern zum Salatessen überreden." Die Getränke kamen und beide bestellten das Essen. Als der Kellner wieder weg war lehnte
sich Karo zurück. Sie fühlte sich total zerschlagen, die letzte Nacht machte sich doch langsam bemerkbar. "Du siehst müde aus", bemerkte
Anne."War der Tag so anstrengend?"
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lucie "Der Tag weniger, mehr die Nacht davor." "Hey, Karo, ist da was, was
ich noch nicht weiss?" Anne beugte sich neugierig nach vorn. Karo lachte. "Nicht mal die Andeutung dessen, was Du vielleicht denkst.Es
ist..", Karo setzte sich aufrecht in ihren Stuhl, "es ist etwas Komisches passiert und ich weiss nicht, wie ich darauf reagieren soll
und ob es überhaupt von Bedeutung ist." "Karo", Anne blickte sie an,"es
scheint irgendwas zu sein, was Dich ziemlich belastet. Am besten, Du erzählst es einfach mal und dann sehen wir weiter, ok?" Karo nickte und
begann zu erzählen. Von Paul, den Schreien aus seiner Wohnung, dem Kratzer auf seiner Wange und schliesslich davon, dass irgendwer oder
irgendwas weggeschleppt wurde und ein Auto davon fuhr. Anne unterbrach Karo nicht ein einziges Mal. Jetzt, wo Karo das alles erzählte, kam es
ihr so unwirklich vor. "Ich frage mich ausserdem", sagte Karo,"warum ich nicht zum Fenster gegangen bin, um zu sehen, ob es Pauls Auto war,
was da weggefahren ist."
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lucie Karo stützte ihren Kopf mit der Hand ab. "Hm", machte Anne,"ich weiss
nicht, ob ich das getan hätte. Irgendwie hört sich das nicht nach einem Kinderspiel an. Hast Du Dir mal überlegt, zur Polizei zu gehen und das
alles zu erzählen?" Karo schüttelte den Kopf. "Ich habe daran gedacht, aber denkst Du wirklich, die glauben mir das? Und was ist, wenn alles
ganz anders ist und ich mir irgendwelche Horrorgeschichten nur ausdenke? Wie stehe ich dann da? Die würden doch nur an Pauls
Wohnungstür klingeln und sagen, dass ich einen Verdacht geäussert hätte. Und wahrscheinlich würden sie dann alle über mich lachen und ich
könnte mich nie wieder aus der Wohnung trauen. Mir wird ganz schlecht bei der Vorstellung, wie mich alle anstarren würden." "Denkst Du, die
wären so kurzsichtig?" Karo blickte Anne an. "Ja, das denke ich. Sieh mich doch nur an. Sie würden mich nicht ernst nehmen. Ich bin doch nur
ne rundliche Witzfigur,wie sollte mir diese Geschichte irgendjemand abnehmen?"
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Faten "Aber", meinte Anne, "Du hast doch erzählt, daß Du mit dieser Gabi so
gut kannst. Du könntest doch einfach in den Frisiersalon gehen und sie ansprechen, ob sie bei Paul eingezogen ist, oder so. Vielleicht erzählt
sie etwas, was die Geschichte ein wenig aufhellt, und du vergewisserst
dich gleich, ob es ihr gut geht." "Hmmh", machte Karo. "Ich weiß nicht."
Ihr fröstelte leicht, als sie an die Geräusche in der Nacht im Zusammenhang mit Gabi dachte. "Ich könnte ja mal beim Laden vorbeisehen.
Aber ich weiß nicht, ob ich sie darauf ansprechen soll. Nachher ist dort wirklich was Kriminelles passiert und sie erzählt ganz unbedarft Paul
von meiner Fragerei. Nee, lieber sprech ich sie nicht darauf an." Anne machte ein nachdenkliches Gesicht und schwieg. Bekümmert guckte Karo auf
die Tischplatte vor sich. Ihre rechte Hand spielte mit den Zinken ihrer Gabel. Das Schweigen wurde gebrochen, als ein sehr junger netter Kellner
mit den Salaten kam. "Guten Appetit, meine Damen" lächelte er, während
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Faten "Guten Appetit, meine Damen" lächelte er, während er die Teller
plazierte. "Haben Sie noch einen Wunsch?" fragte er freundlich. "Nein
danke", kam es von Anne. Sie warf Karo einen langen besorgten Blick zu.
Karo stocherte nun lustlos im Salat. "Wenn du magst", sagte Anne, "dann gehen wir zusammen hin. Du solltest dich von der Sache nicht so
runterziehen lassen. Vielleicht klärt sich ja alles in Wohlgefallen auf. Probier doch mal den Salat! Sieht der nicht gut aus?"
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Weiter gehts in Teil 5 |
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