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© Eva Schumann,    Freising 2001

 
         lucie
         "Ich werde allein zu Gabi gehen", murmelte Karo über ihren Salat hinweg
         zu Anne. "Karo, du weisst...". "Ja, ich weiss", unterbrach sie
         Anne. "Und ich danke Dir auch dafür." Karo blickte Anne ins
         Gesicht. "Nur das muss ich allein tun, ich hoffe, du verstehst das. Ich
         bin dir so dankbar, dass du mir zugehört hast und mich nicht für
         verrückt erklärt hast, aber das, was ich tun muss, kann mir keiner
         abnehmen." "Baby, jeder stirbt für sich allein". Anne zielte mit dem
         Zeigefinger auf Karos Kopf. "Poff". Anne pustete den imaginären Rauch
         von ihrem Finger. Karo lachte erleichtert los, es war als löste sich
         eine Spannung in ihr, die sie die letzten Stunden begleitet hatte. "Was
         würde ich nur ohne dich machen, Anne". "Ich weiss nicht, Karo,
         vermutlich mit dir selber Schach spielen." "Oh, nein", lachte Karo,"das
         ganz sicher nicht, ich bin ein katastrophaler Schachspieler".
         Sie zahlte ihre Rechnung und verliessen das Lokal. Munter plaudernd
         bummelten sie durch die Stadt, bis langsam dunkel wur

         lucie
         de. An der Bushaltestelle verabschiedeten sich beide voneinander. "Ich
         werde morgen gleich zu Gabi gehen", sagte Karo. "Ich wünsch dir viel
         Glück dabei, Karo, und ich wünsch dir, das sich alles in Wohlgefallen
         auflöst." "Nun, diese Hoffnung hege ich nicht gerade, aber trotzdem
         danke." Der Bus näherte sich und hielt an. Die Tür öffnete sich und das
         grelle Licht schien auf den Gehsteig hinaus. "Ich werde an dich denken,
         Karo". Anne umarmte Karo. "Und ruf mich an, Kleines". Karo löste sich
         aus der Umarmung und stieg in den Bus. Die Tür schloss sich zischend
         hinter ihr. Im Wegfahren sah sie, wie Anne ihr hinterherwinkte. Karo
         hob die Hand, um zurückzuwinken. Sie fühlte sich plötzlich allein und
         etwas verloren, insbesondere, wenn sie an das dachte, was sie morgen
         vorhatte. Karo atmete tief durch und legte ihren Kopf in den Nacken.
         Ich schaffe es, sagte sie zu sich selbst, ich muss doch nur Gabi
         fragen, wie es ihr geht, ist doch nun wirklich nichts dramatisches. Es
         war nur der Punkt, das
          
         lucie
         zusammenhing, ihr einen kalten Schauder über den Rücken jagte.
         An ihrer Haltestelle stieg sie aus und ging die letzten Meter zu ihrem
         Haus. Das Haus lag dunkel da. Nur im obersten Geschoss waren ein paar
         Lichter an. Pauls Vorhänge waren immer noch zugezogen. Vermutlich war
         er nicht zu Hause, oder er schlief schon. Karo durchquerte leise den
         Hausflur und huschte in ihre Wohnung. Im Flur hielt sie inne und
         lauschte auf die Wohnung über ihr. Alles war ruhig. Ich sollte mich
         nicht selber verrückt machen, sagte sich Karo. Sie machte das licht an.
         Die Wohnung lag da, wie sie sie am Morgen verlassen hatte. Sie
         schlüpfte ins Bad und lag zehn Minuten später im Bett. Sie war
         hundemüde. Kurz nachdem sie das Licht gelöscht hatte, fiel sie in einen
         tiefen, unruhigen Schlaf. Sie träumte davon, dass sie mit Paul auf dem
         Dach stand und er sie runterstürzen wollte. Aber er schaffte es
         irgendwie nicht, an sie heranzukommen, irgendetwas stand zwischen
         ihnen. Im Schlaf seufzend drehte sie sich auf die
          
         lucie
         auf die andere Seite. So hörte sie auch nicht, dass Pauls Auto vor der
         Tür hielt.
          
         Jerusha
         Am nächsten Tag nach Büroschluss setzte Anne sich in den Bus. Zwei
         Stationen vor ihrer Wohnung stieg sie mit klopfendem Herzen aus und
         ging langsam Richtung Friseursalon. Was sollte sie Gabi nur als Vorwand
         angeben? "Hallo, schön, Dich zu sehen, ich dachte, Dein Freund hätte
         Dich umgebracht!"??? Sie stiess die Tür zum Salon auf. Gabi's Kollegin
         schaute von ihrer Arbeit am Tresen auf. "Hallo!", lächelte sie Anne an.
         "Hallo! Ich würde gern mit Gabi sprechen." "Oh, das tut mir leid, aber
         Gabi ist heute nicht da. Kann ich weiterhelfen?" Sie war nicht da?
         Annes Herz klopfte. "Hat sie Urlaub, oder ist sie krank?" "Ehrlich
         gesagt, das wissen wir leider auch nicht... sie hat nicht angerufen und
         geht auch nicht an ihren Apparat... wir wundern uns auch schon." Anne
         wurde übel. Sollte sie etwas sagen? Sie brachte es gerade noch fertig,
         sich zu bedanken und stürzte aus dem Laden.
          
         lucie
         Auf der Strasse angekommen, blieb Karo einen Moment lang stehen und
         atmete tief durch. Reichte das nicht langsam alles? Die Geräusche aus
         Pauls Wohnung und nun war Gabi auch noch verschwunden, eindeutiger ging
         es doch gar nicht mehr. Ich werde zur Polizei gehen, sagte sich Karo,
         jetzt sofort und auf der Stelle. Vielleicht solltest du erst nach Hause
         fahren und noch was essen, flüsterte eine innere Stimme ihr zu, du hast
         noch das Eis im Tiefkühlfach, das hast du vergessen, als du deinen
         Kühlschrank ausgemistet hast. Da kannst du dich dann erstmal beruhigen
         und in Ruhe darüber nachdenken, was du der Polizei sagen willst. Nein!
         Karo blickte entschlossen auf. Sie kannte das, wenn sie erstmal zu
         Hause war und Eis in sich hineinstopfte, würde sie wieder untätig
         bleiben. Das konnte sie nicht tun, sie konnte doch Gabi nicht einfach
         im Stich lassen.
         Karo setzte sich in Richtung Bushaltestelle in Bewegung. Ich werde
         einfach erzählen, was ich gesehen und gehört habe,
          
         lucie
         sprach Karo sich Mut zu. Und wenn sie mich auslachen, kann ich nichts
         dran ändern, ich habe es zumindest versucht.
          
         lucie
         An der Haltestelle angekommen, sah sich Karo etwas mutlos um. Ihre
         Augen streiften das Haus gegenüber, sie sah die kleine Pizzeria, die
         sie einmal fast zum Essen verleitet hätte. Weil das Wetter heute trübe
         war, standen keine Stühle draussen herum. Durch die Fensterscheiben
         konnte Karo die hektischen Bewegungen des Kellners beobachten. Genau an
         dieser Stelle hatte sie sich auch mit Paul unterhalten, als Gabi dazu
         kam und Paul als ihren Freund vorstellte. Sie sah so glücklich aus.
         Tränen schossen Karo in die Augen. Es konnte nicht sein, dass Gabi tot
         ist, das geht einfach nicht! Verschleierten Blickes wanderten ihre
         Augen weiter, als wolle sie jede Einzelheit dieses Bildes festhalten.
         Ãœber die Fenster des Hauses, weiter zur Häuserecke, den sich daneben
         hinschlängelnden Weg, weiter zu den Bäumen, die fast im Gestrüpp
         verschwanden. Irgendetwas war falsch an diesem Bild, etwas, was sich
         ihr Gehirn weigerte, zu akzeptieren. Eine schlanke Gestalt war aus dem
         Schatten des Hauses hervorget
          
         lucie
         hervorgetreten und eilte über die Strasse.
         "Gabi", brüllte Karo und rannte auf die entgegenkommende Person zu.
         Gabi winkte ihr von der Strasse aus zu."Gabi!" Karo brachte nichts
         weiter als ihren Namen hervor. Bei ihr angekommen, fiel sie Gabi um den
         Hals. "Gabi, was machst Du denn,Du kannst doch nicht einfach so in Luft
         auflösen, ich dachte schon, Du lebst gar nicht mehr.." Gabi befreite
         sich aus der Umarmung. "Hey, Karo, was ist denn los, ich war doch grade
         mal einen halben Tag weg. Ich wollt mich nur schnell noch im Laden
         melden, dass ich den Tag heute Urlaub nehme." Karo wischte sich die
         Tränen aus den Augen. Gabi sah sie besorgt an. "Ist wirklich alles in
         Ordnung mit Dir, Karo, Du siehst reichlich mitgenommen aus." "Ja, Gabi,
         ist alles in Ordnung." "Na, sicher?" Gabi sah sie immer noch etwas
         zweifelnd an. "Warte mal kurz, Karo, ich geh nur schnell in den Laden,
         sag Bescheid und dann gehen wir noch einen Kaffee trinken, ja? Ich muss
         Dir nämlich auch noch was berichten."
          
         lucie
         Gabi setzte eine geheimnisvolle Miene auf. "Gut, Gabi, ich warte
         solange hier draussen." "Bis gleich", Gabi eilte weiter die Strasse
         entlang und verschwand im Friseursalon. Karo setzte sich auf die Bank
         an der Bushaltestelle und stütze ihren Kopf mit den Händen ab. Neben
         ihr hielt der Bus und öffnete zischend seine Türen, Karo sah auf und
         gab dem Fahrer zu verstehen, dass sie nicht mitfahren wollte. Die Türen
         schlossen sich wieder und mit aufheulendem Motor setzte sich der Bus in
         Bewegung.
          
         Christine
         das Umfeld in der ich mich befinde nimmt mir so viel Kraft ...dachte
         Karo und beschloss sich wieder auf das wesentliche zu konzentrieren.
         Mein Ziel ist es abzunehmen um mich besser zu fühlen und somit setze
         ich Paul ganz weit hinten an, sagte sie laut und ging Heim. Denn nur
         wenn ich zufrieden mit mir selbst bin wird auch ein Mann dieses spüren
         und automatisch ein gefallen an mir finden.
          
         christine
         Karo setzte sich an ihren Schreibtisch und überlegte. Dann plötzlich
         sprang sie auf und rief "ich hab's!" Ich brauche im Moment keinen
         festen Freund sondern eine Person die auch abnehmen möchte. Gemeinsam
         dies zu meistern würde mehr Spass machen und man könnte sich regelmäßig
         treffen und austaschen. Allerdings wusste sie, dass Sie kaum Zeit hatte
         noch Termine einzuräumen. Fitness mehrmals in der Woche und im Büro
         musste man Ãœberstunden machen - also beschloss Karo ein Internet Chat
         einzurichten. Hier würde sie nette Leute die abnehmen wollen finden mit
         den man Chatten kann. Hier Karos Idee: Es findet sich eine Gruppe
         (Anzahl egal) die mitmachen und ihr Start-Gewicht angeben. Einmal pro
         Woche müssen alle in dieser Chatrunde aktuelles Gewicht der Gruppe
         mitteilen (Am besten immer am selben Wochentag). Also hat man ein
         zusätzliches Ziel immer 0,5 - 1 Kilo weniger zu haben als die Woche
         zuvor. (Vorauszetzung ist immer die Wahrheit mitzuteilen)
         Somit hat Karo den Kontakt zu anderen, ka
          
         christine
         Somit hat Karo den Kontakt zu anderen, kann weiterhin viel ins
         Sportstudio und nur nach Bedarf treffen mit Leuten aus dem Chat. Mit
         dieser Schnapsideee ging Karo schlafen.
          
         lucie 
         Als Karo im Bett lag, durchdachte sie noch einmal den Abend, den sie
         mit Gabi verbracht hatte. Sie hatten sich in die Pizzeria gegenüber der
         Bushaltestelle gesetzt. Gabi war so aufgelöst, dass sie überhaupt
         nichts essen wollte. Karo schielte auf die Seite, wo verschiedene
         Pizzen abgebidet waren. Allein der Anblick liess ihr das Wasser im Mund
         zusammenlaufen. Schliesslich hatte sie dann aber doch für Pasta mit
         Tomatensosse entschieden, das schien ihr noch die vernünftigste
         Variante zu sein. Irgendwie war das schon ein komisches Gefühl
         dazusitzen und zu essen, während Gabi mit leutenden Augen erzählte.
         Karo bildete sich ein, dass nun natürlich alle auf sie schauen würden
         und sich ganz sicher ihren Teil denken würden. Sie senkte ihren Kopf
         weiter auf den Teller hinab, als könne sie so aus dem Blickfeld der
         anderen verschwinden. "Karo, hörst Du mir überhaupt zu?" Gabi schaute
         Karo leicht befremdet an. "Was ist nur mit Dir, Du liegst ja fast in
         Deinen Nudeln!" "Ähm, ja natürlich."
          
         Faten
         "Du wirst es nicht glauben", prophezeite Gabi Karo. "Paul ist ja so ein
         Süßer!" "Rat mal, was er in der letzten Woche ausgeheckt hat!",
         forderte Gabi, ihre Augen blitzten über ihrem strahlenden Lächeln. Karo
         horchte auf und kaute ganz bedacht auf ihren Nudeln, die sie sich
           gerade in den Mund geschoben hatte. Die Ängste und Gedanken, die sie
           sich in den letzten Tagen um ihre Lieblingsfriseurin gemacht hatte,
           flitzten ihr ungeordnet durch den Kopf. Wie war das noch mit dem Krach
           und dem Auto in der Nacht? Und Gabi war so lange nicht da gewesen! Und
           diese Schramme! Gab es nun doch eine harmlose Erklärung oder meinte
           Gabi ganz andere Dinge? Karo überlegte fieberhaft. "Na, nun sag schon,
           was du denkst!", kam es da schon drängend von ihrem Gegenüber. Karo
           schluckte und nahm noch einen großen Schluck Wasser.
            
           lucie
           "Du bist klammheimlich bei ihm eingezogen, ohne mir ein
           Sterbenswörtchen zu sagen." "Wie kommst Du denn darauf!" Gabi blickte
           Karo schief an. "Nein, viel besser!" Das Leuchten kehrte in Gabis Augen
           zurück. "Der Ärmste hat Tag und Nacht geschuftet, Ãœberstunden ohne Ende
           gemacht, um zwei Tage rauszuarbeiten. Und dann stand er plötzlich vor
           meiner Tür, hat mich geschnappt und ist mit mir weggefahren. Wir waren
           in einem wunderschönen kleinen Hotel am Meer, Karo, ich sage Dir, es
           ist ein Traum." "Wäre es nicht einfacher gewesen, er hätte Urlaub
           genommen?" "Karo, sei doch nicht so schrecklich unromantisch! Ausserdem
           hätte er keinen Urlaub bekommen, weil momentan so viel zu tun ist" Gabi
           lehnte sich zurück. Ihr Gesicht hatte einen schwärmerischen Ausdruck
           angenommen. "Ich hatte ihn die ganze Woche nicht gesehen, ich hatte ihn
           schon so vermisst." Karo versuchte krampfhaft sich nicht zu
           verschlucken. "Moment Gabi, Du willst sagen, Du warst die ganze Woche
           nicht bei ihm gewesen?"
            
           lucie
           "Nein, warum?" Gabi beugte sich vor und stellte ihre Füsse
           nebeneinander. "Ausserdem wollen wir die ganze Beziehung wirklich
           langsam angehen lassen, nur nichts überstürzen." "Was meinst Du mit nur
           nichts überstürzen?" Karo blickte Gabi etwas verwundert an. "Wie lange
           kennt Ihr Euch jetzt?" Gabi hob den Blick zur Decke. "Ich schätze mal
           zweieinhalb bis drei Monate." Karo zog ihre Mundwinkel nach
           unten. "Gabi, hör auf damit, Du weisst ganz genau, wie lange Ihr Euch
           kennt." Gabi legte ihre Stirn in Falten. "Also gut, drei Monate und
           fünf Tage, wenn Du es ganz genau wissen willst." "Und da habt Ihr noch
           nichts miteinander gehabt?" Karo sah Gabi etwas ungläubig
           an. "Entschuldige, Gabi, wenn ich das so direkt formuliere, aber das
           ist doch ansonsten nicht Deine Art. Du gehst doch sonst auch immer auf
           alles oder nichts." Gabi liess geräuschvoll die Luft aus ihrem Mund
           entweichen. "Na danke, Karo." Karo legte ihre Hand auf Gabis
           Unterarm. "Gabi, sei jetzt bitte nicht beleidigt, Du weisst
            
           lucie
           doch, wie ich es meine." Gabi zog ihrem Arm von Karos Hand
           zurück. "Paul meint es wäre besser, wenn wir uns erstmal näher
           kennenlernen würden. Wenn wir dann vielleicht doch feststellen, dass
           wir nicht zusammenpassen, würde eine Trennung nicht so schwer fallen,
           wenn wir noch nicht zu nah beieinander gewesen wären." In Gabis Auge
           schimmerte eine Träne. "Manchmal denke ich ja auch, ich gefalle ihm
           einfach nicht." "Quatsch Gabi, aus welchem Grund sollte er denn mit Dir
           zusammensein." Karo überlegte krampfhaft, was sie sagen könnte, um dem
           Gespräch eine Wendung zu geben. "Hey, was ist eigentlich mit der
           Schramme auf Pauls Wange. Ist er gegen den Schrank gelaufen?" Gabi sah
           Karo irritiert an. "Ach, der Kratzer. Den hat der Hund von einem
           Arbeitskollegen verursacht. Paul wollte etwas mit ihm spielen und schon
           wars passiert." "Ach so", meinte Karo,"ich dachte schon, weil so ein
           Tumult in seiner Wohnung war. Karo überlegte, ob sie sich nicht ein
           Dessert bestellen sollte.
            
           lucie
           Aber eigentlich war die Tomatensosse schon von Öl durchtränkt gewesen.
           Karo schielte wiederum auf die bunten Bildchen, wo die Eisbecher
           abgebildet waren. Vielleicht duch nur 2 Kugeln Eis, vielleicht ein
           klitzekleines bisschen Sahne. Sie wusste, eigentlich sollte sie das
           sein lassen. Aber der Eisbecher hatte sich in ihrem Gehirn verhakt.
           Nein, sie würde standhaft bleiben, diesmal würde sie gewinnen. Karo
           merkte, dass sie nervös wurde. "Karo!!!!" Gabi fuchtelte mit ihrer Hand
           vor Karos Augen herum. Karo blickte erschreckt auf. War sie wirklich
           schon wieder weggetreten? "Karo, ich hab dich gefragt, was das für ein
           Tumult gewesen ist? Was ist bloss los mit dir, du hast dich irgendwie
           verändert." Gabi schüttelte leicht den Kopf. "Entschuldige Gabi". Karo
           senkte ihren Kopf leicht ab. "Können wir gehen, Gabi, ich brauch etwas
           frische Luft." "Natürlich Karo", sagte Gabi und winkte den Kellner
           heran.
           Auf der Strasse angekommen, atme Karo tief durch.
            
           lucie
           Der kühle Abendwind schien das Verlangen nach dem Eis einfach
           fortzupusten. Karo hoffte es zumindest. "Kannst du mir jetzt meine
           Frage beantworten?" Gabi stand mit vor der Brust verschränkten Armen
           vor ihr. "Nun ja, es hörte sich so an, als ob Möbel hin-und
           hergeschoben wurden. Deswegen hatte ich ja auch die Vermutung, dass du
           bei Paul eingezoegn wärst."Hm", machte Gabi,"er hat mir gar nichts
           davon gesagt, dass er die Wohnung umgeräumt hat." "Vielleicht wollte er
           dich überraschen." Gabi machte einen Schritt zur Seite. "Ich werde ihn
           morgenmal fragen. Karo sah keine Veranlassung, warum sie das Gabi
           ausreden sollte. Paul hat seine Wohnung etwas umgeräumt und
           wahrscheinlich ein altes Möbelstück entsorgt. Aber warum mitten in der
           Nacht, meldete sich eine leise Stimme in ihrem Inneren.
           Höchstwahrscheinlich, weil er den ganzen Tag arbeiten musste,
           antwortete Karo ärgerlich der Stimme. Und was ist mit dem zweiten Paar
           Füsse, die auf den Boden über dir gestampft haben?
            
           lucie
           fuhr die Stimme unbeirrt fort. Das habe ich mir eingebildet, gab Karo
           zurück. Vielleicht hat ihm ja auch jemand geholfen. Und wo ist dieser
           zweite dann geblieben? Die Stimme liess nicht locker. Was weiss ich
           denn. Karo wurde langsam ungehalten. Ich weiss doch nicht, was sich in
           Pauls Wohnung abspielt, ich bin doch nicht sein Aufpasser. Die Stimme
           verstummte, liess aber irgendwie ein Gefühl des Unbehagens in Karo
           zurück. Karo und Gabi gingen schweigend nebeneinander her. "Du sag mal
           Karo", Gabi blieb abrupt stehen."Gehst du neuerdings ins
           Fitnessstudio?" "Ja", antwortete Karo verwirrt, "warum? Woher weisst du
           das?" "Paul hat es mir erzählt. Er ist in dem gleichen Studio, nur hat
           er wegen der ganzen Arbeit momentan wenig Zeit dazu. Er hat dich einmal
           gesehen, aber du hast ihn nicht bemerkt. Er sagt, du sasst ganz
           versunken auf dem Fahrrad". Karo merkte, dass sie rot wurde. Aus einem
           unerklärlichen Grund war es ihr peinlich, dass jemand bekanntes sie
           dort gesehen hatte.
            
           lucie
           "Ich würde gerne mal mitkommen." sagte Gabi. Karo sah sie etwas
           verwundert an. "Wozu denn das, Gabi?" "Warum denn nicht, Karo? Ich
           wollte mich schon immer mal aufraffen, aber alleine hatte ich keine
           Lust." Gabi packte Karo am Arm. "Wir können ja auch mal zu dritt gehen
           und danach noch irgendwo was trinken. Das wird bestimmt lustig! Was
           denkst du?" "Naja, solange du nicht vorhast, noch sämtliche anderen
           Bewohner des Hauses dort mitzuschleppen, wirds wohl gehen", brummelte
           Karo vor sich hin. Eigentlich war es ihr gar nicht recht, dass Gabi sie
           so händeringend begleiten wollte.
            
           Kathi
           Naja, dachte Karo, nun wird es aber wirklich höchste Zeit zum schlafen,
           sonst kommt Sie morgen wieder nicht aus den Federn und würde wieder mit
           tiefen Augenringen rumlaufen. Außerdem ist morgen Dienstag, der Tag an
           dem sie sich regelmäßig wiegen wollte. Sie war eigentlich schon recht
           gespannt. Sicher konnte Sie keine Wunder erwarten, aber vielleicht
           hatte sich ja wenigsten ein Pfund von Ihren Hüften verabschiedet. Wenn
           nicht ist auch nicht so schlimm, ich fühle mich körperlich allein schon
           durch den Sport viel besser und der Rest kommt von ganz allein. Mit
           diesem Gedanken schlief sie ein.
           Als am nächsten Morgen der Wecker klingelte, wühlte sie sich fit und
           ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr und stieg direkt aus dem Bett
           heraus auf Ihre Waage und Juchuuhhh!!" entwich Ihr voller Freude. Die
           Waage zeigte 1 ganzen Kilo weniger als letzte Woche und das obwohl sie
           gestern Essen war. Das ist die Belohnung, das ich auf das Eis
           verzichtet habe dachte sie und ging trällernd ins Bad um
            
           kathi
           sich fertig zu machen.
           Verflogen waren die finsteren Gedanken um Paul und die nächtlichen
           Aktionen.
            
           lucie
           Beschwingt trat Karo aus der Haustür hinaus auf die Strasse. Der Sommer
           schien sich langsam seinem Ende hinzuneigen, erste leichte Nebel
           stiegen aus dem Gras neben dem Haus auf. Jetzt, wo die ganze Sache mit
           Paul sich geklärt hatte, fühlte Karo sich tatsächlich um einiges
           erleichtert. Vielleicht deshalb der Verlust auf der Waage, kicherte
           Karo in sich hinein. Sie freute sich auf den heutigen Tag. Im Büro
           würde sie erstmal Anne anrufen und ihr berichten, dass sich alles
           erledigt hat. Und heute abend würde sie noch ins Studio gehen und
           kräftig in die Pedale treten. Sie überlegte, ob sie nicht auch mal
           einen von diesen Kursen belegen sollte, das wäre sicherlich mal eine
           schöne Abwechslung. Und wenn Gabi sie dann begleiten würde, hätte sie
           schon etwas Koordination und würde nicht mehr so linkisch umherhüpfen.
           Auf Karos Gesicht spiegelte sich ein Lächeln. Als sie ihren Kopf zur
           Seite drehte, um die Strasse zu überqueren, blickte sie unbewusst
           nochmal zum Haus zurück.
            
           lucie
           Paul stand hinter seinem Fenster und sah Karo hinterher. Einen
           Augenblick lang trafen sich ihre Blicke und Karo erstarrte kurz in der
           Bewegung. Dann blickte sie wieder nach vorn auf den Gehsteig und
           stolperte fast über den Bordstein. In Pauls Blick hatte etwas
           unheilvolles gelegen, gerade so, als ob er sie verfolgen würde. Aber es
           war doch alles in Ordnung, warum sollte er ihr böses wollen? Die
           Gedanken schrieen hysterisch in Karos Kopf auf. Ich hab mich getäuscht,
           murmelte Karo vor sich hin, es hat nichts zu bedeuten. Vorsichtig
           blickte Karo nochmals zurück zum Haus, aber Paul war verschwunden. Die
           Gardine hing so wie immer, als wenn niemand am Fenster gewesen wäre.
           Karo fröstelte etwas und setzte ihren Weg dann fort.
           Im Büro angekommen drehte sich ihr Kopf immer noch um die Frage, warum
           Paul ihr nachgeschaut hatte. Vor allem mit diesem Blick. Vielleicht
           hatte sie den Blick auch fehlgedeutet, es war immerhin ein
           beträchtlicher Abstand zwischen ihnen beiden.
            
           lucie
           Karo setzte sich an ihren Schreibtisch und und wählte mit etwas
           zittrigen Fingern Annes Nummer. Am anderen Ende wurde der Hörer
           abgenommen. "Hallo Anne". Karo spürte, dass ihre Stimme ähnlich zittrig
           wie ihre Hände waren. Schnell räusperte sie sich, in der Hoffnung, Anne
           hätte keine Veränderung in der Stimme festgestellt. "Hallo Karo", Annes
           Stimme klang erfreut, "schön dasss du dich meldest. Ist alles soweit in
           Ordnung?" "Ja, natürlich", beeilte Karo sich zu sagen, "es hat sich
           alles aufgeklärt." "Nun ja, so natürlich schien das ja alles nicht, was
           du mir berichtet hattest, was war denn nun wirklich los?" Karo fühlte
           sich bei diesen direkten Fragen etwas unwohl. "Entschuldige Anne, ich
           muss Schluss machen, Chef will mich dringend sprechen, ich ruf dich
           wieder an, ja?" "Ja, sicher", antwortete Anne etwas verwundert. "Gut,
           bis dann", verabschiedete sich Karo und liess den Hörer zurück auf das
           Telefon fallen.
            
           lucie
           Mit einem Ruck liess Karo sich zurückplumsen. Was mach ich da nur,
           schoss es ihr durch den Kopf. Warum belüge ich Anne! Warum sage ich ihr
           nicht einfach, dass ich niemandem mehr trauen kann, am wenigsten mir
           selbst.
            
           lucie
           Karo konnte sich den Rest des Tages kaum noch auf ihre Arbeit
           konzentrieren. Immer wieder spürte sie den Blick auf sich ruhen und ein
           Frösteln durchlief sie.
           Am nächsten Tag klingelte bei Karo das Telefon. Gabi war dran und
           fragte sie, ob es ihr recht wäre, wenn sie sie am Freitag ins Studio
           begleiten würde. Paul wäre dann auch da. Karo murmelte eine halbe
           Zustimmung in den Hörer. "Na fein", sagte Gabi,"ich hab Paul übrigens
           von der Hellhörigkeit deiner Wohnung erzählt." Karo erstarrte einen
           kurzen Augenblick. "Was hat er geantwortet?" "Was soll er schon sagen
           dazu, er meinte nur, er müsse seine Morde nun etwas geräuschloser
           vollbringen." Karo lachte nervös auf. "Warum sagt er sowas?" "Karo, das
           war ein Scherz, hast du deinen ganzen Humor verloren? Gut, Karo, wir
           sehen und dann ja am Freitag." "Ja, bis dann, Gabi." Karo legte
           nachdenklich den Hörer auf. Sie hatte ein ungutes Gefühl in Bezug auf
           Freitag.
            
           lucie
           Am Freitag verliess Karo schon früh das Büro. Sie wolte noch einige
           Sachen erledigen, bevor sie sich gegen 20.00 Uhr mit Gabi treffen
           würde. Zusammen würden sie dann ins Studio fahren, wo Paul sich schon
           befinden würde. Anschliessend würden sie alle drei noch irgendwo etwas
           trinken. Karo sah den Abend fast minutiös an sich vorbeiziehen. Sie
           sagte sich, es würde Spass machen und sie könne ganz unbefangen den
           Abend geniessen, sie wusste aber irgendwo in ihrem Hinterkopf, dass es
           nicht so sein würde. Sie hatte Angst vor Pauls Blicken und sein
           Verhalten erschien unheimlich für Karo. Trotzdem würde der Abend über
           Karos jetzige Situation entscheiden, so oder so. Der dreitönige Gong an
           der Wohnungstür erklang und Karo schrak aus ihren Grübeleien hoch. Sie
           warf einen kurzen Blick um sich, ob die Wohnung in dem Zustand war,
           dass sie einen Gast vertragen konnte. So was Dummes, schimpfte sich
           Karo, als ob so etwas jetzt eine Rolle spielen würde.
            
           lucie
           Karo öffnete die Tür und Gabi stürmte in die Wohnung. "Karo, du bist ja
           noch nicht einmal angezogen", Gabi blickte an Karo herunter. Unbewusst
           schob Karo ihren sowieso schon langen Pullover noch weiter in Richtung
           ihrer Knien. Sie wollte unbedingt vermeiden, dass Gabi mehr von ihren
           Beinen sah, als es unbedingt notwendig sein würde, nachher im
           Umkleideraum wird sie sich noch über eine Möglichkeit, sich möglichst
           unbemerkt von Gabi umzuziehen, Gedanken machen müssen. Aber bis dahin
           hatte sie ja noch etwas Zeit. "Ich bin sofort fertig, ich zieh nur noch
           die Hose an", Karo drehte sich um und verschwand im Schlafzimmer. "Es
           wird sicher ein schöner Abend heute", hörte sie Gabi vom Flur her. Ja,
           ganz sicher, murmelte Karo unhörbar vor sich hin, als sie mit einiger
           Mühe ihren Reissverschlus nach oben zog. Konnte ihr nicht einfach in
           eben diesem Moment übel werden? Statt dessen trat Karo nach draussen
           auf den Flur. "Ich bin fertig, Gabi, wir können gehen."
            
           lucie
           Im Studio angekommen, schlenderte Paul ihnen schon entgegen. Er beugte
           sich zu Gabis Wange hinunter und deutete einen Kuss an. Anschliessend
           reichte er Karo die Hand. Karo nahm sie fast zögerlich an und vermied
           es in Augenkontakt mit Paul zu treten. Sie spürte, wie sie langsam rot
           wurde. "Gabi, ich gehe schon mal nach oben", sagte sie und wandte sich
           der Treppe zu. "Warte, Karo, ich komme doch mit, kannst mich doch nicht
           einfach hier so stehenlassen." Gabi hechtete Karo hinterher, "ich kenne
           mich doch hier überhaupt nicht aus." Nach einer Weile kamen beide
           wieder aus dem Umkleideraum hervor und gingen zu den Geräten hinüber.
           Gabi klatschte in die Hände, als sie sah, wie Paul ein paar monstriös
           aussehende Gewichte hochstemmte. "Ich will das auch mal probieren,
           Paul." Gabi hörte sich mehr als begeistert an, so als wenn sie ihr
           Leben darauf gelauert hatte eine 20-Kilo-Hantel in die Luft zu stemmen.
           Karo schnaubte leicht verächtlich auf dem Fahrrad. Wenn Gabi sich
           unbedingt lächerlich
            
           lucie
           machen wollte. Schliesslich war es ihre Idee gewesen hier her zu gehen.
           Das Spiel setzte sich noch über die nächste halbe Stunde hinweg fort.
           Gabi klebte mit einer solchen Intensität an Paul, dass Karo vermutete,
           er werde sie irgendwann statt einer Hantelstange in die Höhe stemmen.
           Karo musste bei dieser Vorstellung leise kichern. Schliesslich
           beschloss sie aber doch, dass es nun reichte, für Karo jedenfalls. Sie
           trat zu Gabi, die gerade mal wieder in einen Begeisterungssturm
           ausbrach. "Gabi, ich geh mich schon mal umziehen, ihr könnt ja noch
           bisschen was machen, ich warte dann auf euch." "Karo, willst du
           wirklich schon aufhören, ich fange gerade an, es wirklich lustig zu
           finden und da willst du schon gehen. Verdirb doch nicht alles!" Paul
           blickte Karo nachdenklich an. "Karo hat recht, wir sollten es beim
           ersten Mal nicht gleich übertreiben. Karo ist eben vernünftig."
           Ruckartig blickte Karo auf. Was hatte dieser zweite Satz bedeuten
           sollen?
            
           Faten
           Karo sah Paul direkt ins Gesicht. Aber der lächelte nur und ließ sein
           geliehenes schneeweißes Handtuch auf Gabis Po schnalzen. Gabi kreischte
           auf. Während die beiden noch miteinander schäkerten, nutzte Karo die
           Gelegenheit, um sich zu trollen. "Vielleicht kann ich es ja doch
           umgehen, daß Gabi mich nackt sieht", hoffte sie. "Wo ich doch die
           Dusche nach dem Sport so gerne mag." Karo seufzte. Heute würde sie sie
           nicht geniesen können, sondern sich beeilen müssen. Sie hörte noch
           Gabis hohes Lachen, als sie die Tür zur Umkleide aufstoß. Paul wollte
           ihr noch einen dieser Shakes an der Bar spendieren. "Gut", dachte Karo
           so bei sich, " dann habe ich noch etwas Zeit." Und schon stand sie
           unter der Dusche und spürte das prickelnde Nass warm auf ihrem Körper.
           Eine Wohltat! Ihr Rücken entspannte sich unter der massierenden Brause.
           Das tat sooo gut! Wie gerne würde sie hier bleiben und nicht mehr raus
           müssen. Sie griff nach dem Shampoo. "Jetzt aber los, Karo", schimpfte
           sie mit sich. Schnell sc
            
           Faten
           Schnell schäumte sie die Seife im Haar auf und spülte sie wieder aus.
           Ihre Hand nahm das Duschgel und zerrieb es schnell auf dem Körper. Ihr
           Körper. Ja, Karo war froh, daß sie jetzt nicht allzuviel Zeit hatte
           darüber zu grübeln, warum sie am Dienstag immer noch nichts abgenommen
           hatte. "Diese dumme dicke Bauch", dachte sie, "wenn der nicht wäre,
           dann wäre ich schon um einiges attraktiver."
            
           Faten
           Mit einem Gefühlsgemisch aus Wut und Traurigkeit riß Karo die
           Duschkabinentür schwunkvoll aus und griff gleich darauf schon nach
           ihrem weißen Badetuch, das sie sich vorhin noch vom Stapel genommen
           hatte. Gerade, als sie noch versuchte, den Stoff um ihrem Busen und
           Bach so zu drappieren, das er nicht gleich wieder rutschte, flog die
           Tür auf und eine helle Stimme sagte: "
            
           lucie
           ...flog die Tür auf und Paul stand vor ihr. Karo starrte ihn an und
           wich wieder in die Duschkabine zurück. Paul machte einen Schritt auf
           sie zu. Irgendwie war ihr klar, dass er nicht zufällig hier war. Wo,
           verdammt noch mal, steckte Gabi.Warum waren sie auch die letzten beim
           Training gewesen. Würde sie hier oben irgendjemand hören, wenn sie
           schreien würde? Karo stand jetzt mit dem Rücken an der Wand. Die kalten
           Fliesen drückten gegen ihre Haut.Der Gedanke, dass die heisse Dusche
           vorhin umsonst war, wenn sie sich jetzt gegen die kalten Fliesen
           presste, huschte ihr durch den Kopf. Sie bedauerte es fast, schon
           geduscht zu haben. Mit der linken Hand hielt Karo das Handtuch so
           stark umklammert, dass die Knöcheln an den Händen weiss hervortraten.
           Ihre Finger zitterten leicht. Karo bemerkte es. Das ist die Kälte,
           überlegte sie. Sie hob ihre rechte Hand, um die linke
           festzuhalten. "Karo?" Karo hob den Kopf und sah, wie Paul sie kalt
           abschätzend anblickte.
            
           lucie
           "Du hast doch nicht Angst, Karo, Angst vor mir?" Das Zittern an der
           linken Hand wurde stärker, Karos rechte Hand umkrampfte sie, ihre
           Fingernägel bohrten sich in die weiche Haut. Karo starrte auf ihre
           Hände, während Paul mit ihr sprach. "Gabi ist eben mit ihrem Fuss
           umgeknickt, als sie die Treppe raufgehen wollte. Sie kann nicht mehr
           richtig auftreten. Ich wollte ihre Sachen holen und sie dann nach Hause
           fahren. Ich soll dir sagen, dass es ihr leid tut, dass wir den
           restlichen Abend nicht mehr zusammen verbringen können." Die letzten
           Worte hatte Paul fast schon verächtlich hervorgestossen. "Mir tut es
           natürlich auch leid. Aber wir sehen uns ja doch öfter, als uns lieb
           ist, nicht wahr, Karo? Ich wünsch dir noch einen schönen Abend." Paul
           drehte sich um und verliess die Dusche.
            
           lucie
           Karo blieb allein zurück. Sie fühlte sich hilflos und spürte, wie ihr
           einfach die Tränen über die Wangen liefen. Warum? Warum musste sie es
           treffen? Was hatte sie falsch gemacht? Warum wurde sie eingeschüchtert
           und blossgestellt. Warum passierte ihr das alles überhaupt? Jeder
           andere hätte sich ganz anders verhalten als sie, da war Karo sich
           sicher. Aber was machte sie? Sie schwieg solange, bis es wirklich
           unglaubwürdig werden würde, machte sie jetzt den Mund auf. Was sollte
           sie jetzt auch zu dem Vorfall in der Dusche sagen? Dass Paul sie
           unsittlich angeblickt hätte und ihr mitgeteilt hätte, dass Gabi sich
           verletzt hat? Alle würden sie für paranoide halten,wenn sie ihnen sagen
           würde, dass sie sich bedroht fühlt. Nein, sowas konnte nur ihr
           passieren.Auf ihr konnte ja jeder nach Belieben rumtrampeln. Sie wehrte
           sich ja nicht und würde sich statt einem Widerspruch nur ein Stück
           Schokolade in den Mund schieben. Genau das würde sie jetzt am liebsten
           tun.
            
           lucie
           Sie wünschte sich in diesem Moment nichts mehr, als einfach zu Hause zu
           sein und auf dem Sofa zu liegen, unbeschwert, wie noch vor einigen
           Tagen. Statt dessen stand sie hier und heulte. Karo bewegte sich
           langsam aus der Duschkabine heraus. Die ganze Situation war auswegslos,
           wozu wollte sie sich jetzt eigentlich noch mit irgendwelchen
           Essenseinschränkungen herumquälen. Warum zu diesem Zeitpunkt? Sie
           beschloss noch einen Abstecher zur Tankstelle zu machen. Und dann? Karo
           blickte müde im Spiegel ihr verquollenes Gesicht an. Das weiss ich auch
           noch nicht, antwortete Karo ihrem Spiegelbild.
            
           Sade
           Als Karo das Haus verliess schossen ihr unzählige Gedenken durch dne
           Kopf! "Was wollt Paul wirklich von mir" "Was will er verbergen"......
           Auf dem Weg zur Tankstelle überkam Sie immer wieder Ãœbelkeit und
           Schwindelgefühl. Nach 10 Minuten war sie endlich am Ziel und stand vor
           der Stelage mit den Süssigkeiten.
           "Was mach ich hier" - Ich will doch abnehmen - aber nur ein kleiner
           Riegel hat doch nicht so viele Kalorien"
           Äusserlich gab Sie sich ganz gelassen aber innerlich brodelte es in
           Ihr - voll Angst, Selbstzweifel und Traurigkeit war Sie.
           "Wirds dann bald - oder willst du den ganzen Laden kaufen" rief der
           Kasierer plötzlich. Voller Ãœberraschung über diese Unverschämtheit
           bagann sie zu stottern: "Äh..ich nehm ein Mineral"

    lucie
    Karo liess das Geld in die flache Schale klimpern. Der Kassierer
    blickte sie finster an und murmelte irgendetwas unverständliches. Karo
    starrte unentwegt auf auf einen imaginären Punkt vor ihr und spürte,
    wie sie abwechselnd rot und blass wurde. Der Mann stellte die Flasche
    vor ihre Nase. "Hier, bitte schön",liess er im einem unwirschen Tonfall
    von sich hören. "Noch was?" "Nein". Karos Stimme war kurz davor
    zusammenzuklappen. Der Kassierer warf das Wechselgeld in die Schale.
    Karo sah einen kurzen Moment lang seine Hände. Er hatte kurze, breite
    Finger und die Nägel waren abgeknabbert. Kein Vergleich zu Pauls langen
    gepflegten Fingern und trotzdem wären diese in der Lage jemanden etwas
    anzutun. Karo musste sich schütteln. Sie griff nach den Münzen vor ihr
    und verliess gesenkten Hauptes den Laden. Im Gehen flüsterte sie noch
    eine Verabschiedung, die vom Kassierer aber nicht entgegnet wurde, er
    war schon wieder an den Regalen beschäftigt. Draussen atmete Karo
    erstmal tief durch.

    Faten
    Dieser herbstliche Freitagabend war mehr als dunkel. Es war nur der
    hellgelbe Mond zu sehen, keine Sterne. Schwarze Wolken zogen wie ein
    tintenschwarzer Vorhang über die Nachthimmel. Karo spürte einen
    leichten Wind in ihrem Haar, als sie noch mit zitternden Knien und
    wirbelnden Gedanken vor der Tür der Tankstelle stand. "Ich kann jetzt
    unmöglich nach Hause", dachte sie verzweifelt. "Dort ist doch Paul!"
    Sie ging ein paar Schritte. Ihre Gedanken schlugen Purzelbäume. "Ich
    muß mit jemandem reden, ich muß einen klaren Kopf bekommen!" dachte sie
    verzweifelt. Karo stand nun an der Straßenecke im Dunkeln, ein paar
    Schritte vom Lichtkegel einer kaltleuchtenden Straßenlaterne entfernt.
    Ab und zu fuhr ein Auto vorbei. Sie fühlte sich wie ausgehöhlt und
    zitterte innerlich, sie war extrem aufgewühlt. Der Hunger schrie in
    ihrem Körper. War es überhaupt so ein wilder Hunger oder wollte sie
    sich wiedermal nur ruhigstellen? Traurig blickte sie hoch in den kohlrabenschwarzen Himmel, wieder liefen ihr neue Tränen die runden Wangen herunter. "Was soll ich nur
    tun?"

    Sade
    Sie machte sich auf den Heimweg. "Was bleibt mir anders übrig - wo soll
    ich denn sonst hin - es interessiert sich sowieso keiner für mich"
    Gedankenverloren schlich sie durch die dunklen Gassen. Es begann zu
    tröpfeln. Von einer Sekunde zur anderen schüttete es als wenn die Welt
    untergehen würde. Niemand würde ihre Tränen sehen......

    lucie
    Ihre Verzweiflung steigerte sich weiter. Was wird passieren, wenn sie
    jetzt nach Hause ginge. Was hat Paul nur vor. Vor allem, von welchen
    Sachen wusste Paul, dass sie es wusste. Was wusste sie überhaupt,
    fragte Karo sich bitter. Eigentlich stützt sich alles nur auf
    Vermutungen und Paul scheint kein Interesse daran zu haben, diese zu
    widerlegen. Karo wusste, dass sie etwas unternehmen sollte und dass sie
    damit nicht mehr allzu lange warten sollte. Sie seufzte leise und
    schlug den Weg nach Hause ein. Schon von weitem spähte sie nach einem
    Lichtschein aus Pauls Fenstern. Glücklicherweise liess sich aber nichts
    erkennen. Ob das so unbedingt ein Glück ist, weiss ich auch noch nicht,
    redete Karo sich selbst zu. Paul wird sicherlich nicht bei voller
    Beleuchtung, ja was eigentlich? An der Stelle stellte Karo fest, dass
    ihr jede Vorstellung fehlte, wie Paul unliebsame Mitwisser aus dem Weg
    zu räumen pflegte, wahrscheinlich ähnlich wie die Opfer, was würde das
    für einen Unterschied machen.

    lucie
    Karo schauderte. Inzwischen hatte sie das Haus erreicht. Paul Wohnung
    lag tatsächlich in vollkommener Dunkelheit da. Karo sah sich im Licht
    der Strassenlaterne die Autos an, die am Strassenrand abgestellt waren,
    Pauls war nicht dabei. Karo entspannte sich ein wenig. Eine Hand legte
    sich auf Karos Schulter. "Karo, wo warst du nur, ich warte hier schon
    eine Ewigkeit auf dich." Mit einem Aufschrei drehte Karo sich herum und
    versuchte in der Bewegung die Hand vor ihrer Schulter zu schütteln. Vor
    ihr stand Anne. Karo starrte Anne an, als würde sie eine Erscheinung
    sehen. "Karo, was ist los, du bist ja völlig blass. Wollen wir nicht
    erstmal hineingehen?" Karo erholte sich nur langsam von dem
    Schreck. "Anne",stiess sie hervor,"was machst du hier, um diese
    Zeit!" "Naja, ich hatte versucht, dich anzurufen, aber du warst den
    ganzen Abend nicht da und...," Anne suchte offensichtlich nach Worten,
    Karos Verhalten iritierte sie."...ich weiss auch nicht, ich habe mir
    irgendwie Sorgen gemacht, vor allem nach dem du am Telefon mir etwas seltsam erschienst." Karo fiel Anne wortlos um den Hals. Sie weinte einfach hemmungslos drauflos. Die ganze Anspannung der letzten Stunden brach in diesem Moment alle
    Dämme, Karo glaubte sich noch nie so erleichtert gefühlt zu haben.

    lucie
    In dem Masse, wie die Anspannung in Karo sich löste, ging ihr Weinen
    langsam in ein Lachen über. Sie begann glucksende Laute von sich zu
    geben. Anne schob Karo ein Stück von sich weg und blickte sie zweifelnd
    an. "Alles soweit ok, Karo?" "Ja, Anne, ich denke schon. Du weisst gar
    nicht, wie froh ich darüber bin, dass du hier bist." Langsam beruhigte
    Karo sich wieder."Lass uns hineingehen."
    Drinnen erzählte Karo Anne ihre ganzen Erlebnisse, zumindestens alles,
    was mit Paul und Gabi zusammen hing. Anne hörte schweigend zu und
    schüttelte dann langsam den Kopf. "Karo, du kannst doch unmöglich hier
    alleine bleiben, wer weiss, was alles passieren kann." "Ich wusste
    nicht, wo ich hinsollte", brachte Karo mit gesenkter Stimme
    hervor. "Karo, du weisst genau, dass du jederzeit bei mir auftauchen
    kannst." "Ja, das stimmt, Anne, nur löst das das Rätsel um Paul auch
    nicht." "Und wie willst du herausbekommen, was da passiert?" Karo
    blickte auf einen unbestimmten Punkt.

    Sade
    Karo blickte auf einen unbestimmten Punkt auf ihrer Decke!
    "Ich weiss nicht - ich weiss im moment gar nichts mehr".

    Da rumpelte esauf einmal laut über den Beiden!
    Karo und Anne blickten sich wie versteiner an! Keiner getraute sich
    etwas zu sagen und beide lauschten angestrengt der Stille die dem
    tosenden Lärm folgte!

    lucie
    "Siehst du, Anne, da ist es wieder",flüsterte Karo. Unter dem lauten
    Krachen schien Anne ganz in den Sessel hinein verschwunden zu
    sein. "Was kann das nur sein, Karo?" Anne blickte Karo zweifelnd an.
    Karo hob die Schultern. "Ich weiss es nicht, Anne." "Du bleibst heute
    nacht nicht alleine, Karo, das steht erstmal fest und morgen überlegen
    wir dann, was wir weiter machen." Karo nahm Annes Vorschlag dankend an.
    Am liebsten wäre sie sofort ausgezogen, aber das ging ja schlecht von
    jetzt auf gleich. Den ganzen restlichen Abend unterhielten sie sich nur
    noch im Flüsterton miteinander, immer in der geheimen Befürchtung, es
    würden wieder Geräusche von oben kommen. Bei jedem kleinen Knacken
    hielten sie kurz inne, bis sie wirklich einige Zeit später todmüde ins
    Bett fielen. "Du, Anne",flüsterte Karo von ihrem Bett her zu der Liege
    hinüber, auf der Anne lag. "Was denkst du, was er dort oben in dieser
    Sekunde tut?" Einen längere Pause entstand. Karo dachte schon, Anne
    hätte sie nicht mehr gehört und wollte sich schon auf die andere Seite zum Schlafen
    umdrehen. "Ich weiss es nicht, Karo, aber ich hab so eine Ahnung, dass
    es sicher nichts gutes ist."

    Sade
    Ein lauter Schrei riss die beiden aus dem Schlaf! Wie benebelt sprangen
    sie aus dem Bett. Karo schaute Anne hilflos an.

    lucie
    Am nächsten Morgen wachte Karo noch vor Anne auf, obwohl sie ansonsten
    ein ausgesprochener Langschläfer war. Die Ereignisse der letzten Zeit
    begannen doch ziemlich an ihren Nerven zu zerren. Sie drehte sich herum
    auf die andere Seite und blickte durch die transparenten Vorhänge
    geradezu auf die Bäume hinaus, die vor dem Haus standen. Die Blätter
    begannen schon langsam sich gelblich einzufärben. Es würde nicht mehr
    allzu lange dauern und es würde Herbst. Karo genoss diese morgentliche
    Stille. In diesem Moment war es einfach unvorstellbar für sie, dass in
    diesem Haus schreckliche Sachen passiert seien sollen, diese Schreie
    waren einfach ein zu krasser Gegensatz zu dem jetzigen, trügerischem
    Frieden. Langsam fing auch Anne an, sich auf ihrer Liege zu
    bewegen. "Guten Morgen, Anne, hast Du den Rest der Nacht noch gut
    geschlafen", flüsterte Karo hinüber. Von Anne war nur ein Brummen zu
    vernehmen. Nach einer Weile sah Karo, wie Anne sich aus den Decken
    hochkämpfte und sich hinsetzte.

    "Karo,ich weiss, was wir jetzt machen." Karo setzte sich ebenfalls in
    ihrem Bett auf. "Du packst ein paar Sachen zusammen und wir
    verschwinden erstmal aus deiner Wohnung hier. Ich glaube kaum noch,
    dass Paul sich der Illusion hingibt, du hättest von alledem noch nichts
    mitbekommen. Vermutlich hält er dich für so verschüchtert, dass du es
    nicht wagen würdest, irgendetwas zu sagen. Was ist überhaupt mit den
    anderen Mietern, kriegen die denn nichts mit?" Karo schüttelte den
    Kopf. "Unsere beiden Wohnungen sind praktisch in einer Nische, die
    anderen Wohnungen sind auf der anderen Seite des Flurs, sie stehen
    überhaupt nicht mit unseren Wohnungen in Verbindung. "Hm, gut, also,
    wie gesagt, du schnappst dir ein paar Sachen, rufst ein Taxi und tust
    so, als würdest di ein paar Tage in den Urlaub fahren. Ruf
    vorsichtshalber auch nochmal Gabi an und sage ihr, dass du wegfährst."
    Karo blickte Anne fragend an. "Nun; Karo, ich gehe davon aus, dass Paul
    dich heimlich beobachtet, wie du reagierst."

    "Und was immer er in seiner Wohnung dort oben getan hat, er wird es
    sicher befreiter tun, wenn er dich abwesend weiss, also tun wir ihm den
    Gefallen. Natürlich werden wir heimlich beobachten, was er tut, aber du
    bist erstmal aus seiner Schusslinie und da erscheint mir fast als
    wichtigste zur Zeit." Anne schwang sich von der Liege."Ich werde jetzt
    auch sofort verschwinden und ich hoffe, dass Paul mich nicht unbedingt
    aus deiner Tür kommen sieht." Anne machte sich auf den Weg ins
    Bad. "Das Wichtigste ist nur",Annes Stimme wurde fast von Rauschen der
    Dusche übertönt. "Das Wichtigste ist nur, dass du keinesfalls Paul die
    Tür öffnest und auch nicht so tust, als würdest du in Panik die Wohnung
    verlassen." Anne drehte die Dusche ab. Karo hörte, wie einzelne Tropfen
    auf dem Boden der Dusche zersprangen. "Je ruhiger und gelassener du
    bist, um so weniger wird Paul vermuten, dass du viel gehört hast." Anne
    kam wieder in das Zimmer zurück. "Du denkst, das funktioniert, Anne?"

    Anne zuckte kaum merklich mit den Schultern. "Versuchen wir es so,
    Anne, viel anderes bleibt uns ja auch nicht übrig." Karo schwang sich
    entschlossen aus den Bett. "Jetzt wird Paul uns richtig kennenlernen,
    so schnell lassen wir uns nicht einschüchtern."Ihr Blick fiel auf
    Anne. "Ich danke dir überhaupt dafür, dass du da bist."
    Nachdem Anne das Haus verlassen hatte, machte Karo sich daran ihre
    Sachen zu packen. Als sie ihre kleine Tasche fast voll hatte, rief sie
    bei Gabi an. Gabi nahm nach dem ersten Klingeln sofort den Hörer ab.
    Karo vermutete, dass Gabe das Telefon direkt neben sich zu stehen
    hatte. "Hallo Gabi, wie geht es dir?" Karo versuchte, möglichst
    unbeschwert zu klingen. "Danke,Karo, schon wieder ganz gut, nur laufen
    kann ich noch nicht richtig, ich werde mich wohl noch ein paar Tage
    schonen werden. Aber das ist ja nicht so schlimm, Paul hat mir
    versprochen heute nochmal bei mir vorbeizuschauen." Karo atmete tief
    durch.
    "Dann brauch ich ja kein schlechtes Gewissen zu haben, dass ich ein
    paar Tage nicht dabin und dich nicht besuchen kann." "Du bist nicht da,
    Karo, wo willst du denn hin?" "Ähm, ich will nur Verwandte besuchen,
    die wohnen am Meer und da war ich auch so lange nicht mehr gewesen."
    Karo merkte, wie ihre Stimme einen leicht unsicheren Klang bekam. Gabi
    schien davon aber nichts mitzubekommen. "Ach so, naja, wenn das so ist,
    denn wünsche ich dir viel Spass und melde dich danach doch wieder,
    ja?" "Na klar, Gabi, das mache ich bestimmt, bis dann." Karo fühlte
    sich etwas erleichtert, als sie den Hörer aufgelegt hatte. Gabi schien
    ihr soweit alles geglaubt zu haben und wird es dann in der
    entsprechenden Art auch Paul weitergeben. Als sie an Paul dachte, war
    sie einen Moment still und legte ihren Kopf in den Nacken. Aber oben
    war alles still.
    Karo wandte sich wieder ihrer Tasche zu. Eigentlich könnte ich noch das
    Fernrohr einpacken, überlegte sich Karo.
    Wenn ich jetzt nur so schnell wüsste, wo das ist.
    Nach kurzem Ãœberlegen fiel es ihr ein, sie hatte es in diese Kiste im
    Keller getan. Karo setzte sich aus Bett. Sollte sie es tatsächlich
    wagen in den Keller zu gehen? Das würde bedeuten, sie würde den Schutz
    der Wohnung aufgeben. Karo stand energisch auf. Was sollten diese
    Gedankengänge, schliesslich konnte und wollte sie sich nicht verstecken
    vor Paul. Ich übertreibe mal wieder masslos mit meinen Befürchtungen,
    schalt Karo sich innerlich. Sie schnappte sich den Kellerschlüssel und
    öffnete die Wohnungstür. Vorsichtig blickte sie hinaus und machte
    zögerlich einen Schritt aus der Tür hinaus. Leise schloss sie die Tür
    hinter sich. Sie huschte den Flur entlang, bis sie an der Kellertreppe
    angelangt war. Langsam schritt sie die Stufen hinunter, immer darauf
    bedacht, keinen Lärm zu machen. Unten angekommen versuchte sie mit
    zittrigen Finger die Tür zu den Kellerräumen aufzuschliessen. Sie
    versuchte ein paarmal erfolglos den Schlüssel nach rechts zu drehen, bis sie plötzlich
    erkannte, dass die Tür nicht versperrt war. Ein leichter Schreck
    durchfuhr sie. Ach hör auf, Karo, beruhigte sie sich selbst, es ist
    nicht das erstemal, dass die Kellertür nicht verschlossen ist. Lautlos
    öffnete Karo die Tür ud lauschte hinein. Es war kein Laut zu hören.
    Karo ging hinein und blickte sich vorsichtig um. Zu ihrer Rechten
    standen die Schlafzimmermöbel von der alten Frau, die ihr gegenüber
    gewohnt hatte. Sie war vor zwei Wochen in ein Heim gekommen und der
    Vermieter hatte die Möbel erstmal hier in den Keller geschafft, um die
    Wohnung schnell weiter vermieten zu können. Leise ging Karo weiter. Da
    hörte sie im hinteren Bereich des Kellers ein Dose umfallen, daraufhin
    schlug eine Flasche auf den Boden auf und zerbrach klirrend. Ein lautes
    Fluchen war zu hören. Karo erstarrte in der Bewegung. Das war ganz
    eindeutig Pauls Stimme gewesen. Ein erneutes Fluchen erklang und Karo
    stellte fest, dass die Stimmer viel näher gekommen war. Da hörte sie auch schon Pauls
    Schritte, die genau in ihre Richtung steuerten. Karo spürte Panik in
    sich aufsteigen. Gehetzt blickte sie sich um und floh hinter die
    Schlafzimmermöbel. Dort blieb sie wie gebannt stehen. Die Schritte
    waren nun fast auf ihrer Höhe. Da spürte sie etwas warmes an ihrem
    Bein. Karo konnte in letzten Moment den Impuls umterdrücken
    aufzuschreien. Sie sah an ihrem Bein hinunter und entdeckte Pauls
    kleine Katze, die ängstlich zu Karo aufblickte. Paul war jetzt auf
    gleicher Höhe mit ihnen und liess erneut einen Schwall Flüche von sich
    hören. Es klang, als hätte Paul getrunken. Die Katze presste ihren
    kleinen, zitternden Körper an Karo.Karo versuchte der Katze unhörbar
    Mut zuzusprechen, vermutlich sprach sie sich den aber eher selbst zu.
    Karo lehnte ihren Kopf zurück. Ein schwacher Geruch nach Urin zog zu
    ihr hinüber. Sie musste sich schütteln. Dabei geriet ein neben ihr
    stehender Topf gefährlich ins Wanken.

    Der Topf gab schlurfende Geräusche von sich und kippelte ein paarmal
    hin und her. Paul blieb stehen und hob leicht den Kopf. Karo konnte
    durch einen Spalt hindurch sehen, wie er leicht schwankte. Er hatte
    also doch was getrunken. "Wer ist denn da?", brachte er mit etwas
    belegter Zunge hervor. Die Stille, die folgte, schien sich endlos
    hinzuziehen. Da hörte Karo ein schwaches Miauen und blickte automatisch
    zu ihrem Fuss hinunter. Die Katze war nicht mehr dort. Statt dessen
    hörte sie, wie Paul lospolterte. "Du warst das also gewesen! Musst du
    dich immer überall rumtreiben!" Die Katze ergriff die Flucht in den
    hinteren Teil des Kellers. "Komm sofort her",schrie Paul und schwankte
    der Katze hinterher. "Ich krieg dich, du dummes Mistvieh, und dann dreh
    ich dir Stück für Stück den Hals um." Karo schauderte. Paul geriet
    allmählich ausser Blickweite. Karo wusste, dass jetzt der Moment
    gekommen war,um etwas zu tun. Sie schätzte den Weg zwischen sich und
    der Tür ab. Sie müsste es eigentlich schaffen. Mit einem Satz sprang sie hinter den
    Möbeln hervor und rannte auf die Tür zu. Paul bmerkte sie aus den
    Augenwinkeln heraus und drehte sich unsicher um. "Hey, Karo, wie nett,
    dass du mir auch noch Gesellschaft leisten willst", brüllte er durch
    den Keller, "irgendsowas hab ich mir doch gedacht.Wo willst du denn so
    schnell hin." Karo hörte nur die Hälfte von dem, was Paul sagte, es
    interessierte sie auch nicht. Sie hatte nur ein Ziel, die Tür zu
    erreichen. Sie ergriff die Türklinke und die Tür flog nach aussen auf.
    Karo stürmte hindurch und schlug die Tür hinter sich zu. Mit fliegenden
    Händen versuchte sie den Schlüssel in das Schloss zu stecken, was ihr
    nach dem vierten Anlauf auch gelang. Sie drehte den Schlüssel zweimal
    nach links um und lehnte sich halb erschöpft gegen die Tür. Sie wusste,
    sie würde nicht viel Zeit haben, spätestens wenn Paul mit seinem
    Schlüssel an der Tür ist, wäre ihr Vorsprung zunichte. Sie stiess sich
    von der Tür ab und rannte die Treppe nach oben weiter bis in ihre Wohnung. Ihre
    einzige Hoffnung war, dass Paul in seinem jetzigem Zustand den Weg
    nicht so schnell zurücklegen konnte. Karo riss den Hörer vom Telefon
    und wählte die Notrufnummer. Es war ihr in diesem Moment egal, ob die
    Leute dort ihr glaubten oder nicht. Am anderen Ende meldete sich
    jemand. Karo gab ihren Namen und ihre Adresse durch und schilderte kurz
    ihre Lage. "Einen Moment, wir schicken sofort jemanden vorbei." Karo
    hörte am anderen Ende im Hintergrund ein Gewirr von Stimmen und
    Telefonklingeln. Wieviele von den Anrufern würden jetzt wohl in einer
    ähnlichen Situation stecken? Karo bedankte sich und liess den Hörer auf
    das Telefon zurückgleiten. Jetzt konnte Karo nicht viel mehr tun als
    abzuwarten. Ängstlich lief sie vor in den Flur und lauschte an der
    geschlossenen Wohnungstür. Es war nichts zu hören. Karo rutschte an der
    Tür hinunter, bis sie auf dem Boden angekommen war. Ihr war kalt.
    Fröstelnd schlang sie die Arme um die Knieen. Da hörte sie, wie im Hausflur ein Schlüsselbund auf den Boden
    fiel. Karo schreckte zusammen. Das konnte niemand anderes als Paul
    sein. Kurz darauf betätigte jemand ihre Klingel. Karo veränderte ihre
    Position nicht. "Karo, du bist da, das weiss ich doch",hörte Karo Paul
    sagen. "Du hast mich im Keller eingeschlossen, damit ich dir nicht
    folgen kann, Karo, stimmts? Aber ich weiss ja, wo du wohnst." Paul fing
    an zu kichern. "Musstest dir alles mit anhören und dann auch noch Gabi
    erzählen." Paul schnaubte verächtlich. "Gabi, sowas naives ist mir noch
    nie begegnet. Die hat mir doch tatsächlich alles geglaubt. Aber ich
    musste ja eine Freundin haben." Paul fing leise an zu weinen. "Niemand
    in der Firma hätte es akzeptiert, dass ich keine Freundin haben kann,
    dass ich keine Frauen lieben kann." Pauls Stimme wurde durch die Tränen
    hindurch immer undeutlicher, so dass Karo schon Mühe hatte, ihn
    überhaupt noch zu verstehen. "Weil ich doch schwul bin." Kurz darauf
    hörte sie das Gerassel von Handschellen. Eine ruhige dunkle Stimme forderte Paul zum Mitkommen auf. Karo hörte von drinnen, wie Paul mit dem Polizisten fortging. Sie
    traute sich immer noch nicht die Tür zu öffnen.
    Wiederum klingelte es an Karos Wohnungstür. Karo wusste, dass der
    zweite Polizist davor stand. Wie im Traum schloss sie die Tür auf. Ein
    unauffälliges Gesicht mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck blickte
    sie an. "Ist alles in Ordnung bei Ihnen?" Karo nickte fast unmerklich
    mit dem Kopf. "Können wir denn gleich die Anzeige erstellen?" Wieder
    nickte Karo. Sie setzten sich in Karos Wohnung und Karo schilderte mit
    mechanischer Stimme, was sie die letzten Tage gehört und gesehen hatte.
    Der Mann forderte noch weitere Leute an. "Muss ich noch hierbleiben?",
    fragte Karo. Der Polizist schüttelte den Kopf."Nein, gehen sie ruhig,
    wir melden uns noch bei ihnen." Karo stieg die Stufen zum Keller
    nochmals hinunter. Ein bisschen mulmig war ihr schon dabei,
    andererseits hatte sie noch gar nicht richtig verstanden, was überhaupt
    passiert war. Karo öffnete die Kellertür und ein kleines Fellbündel
    schoss an ihr vorbei in die Freiheit.
    "Oh, mein Gott, Karo." Anne starrte Karo fassungslos an. Karo winkte
    ab. Ist schon gut, Anne, ich werde drüber hinweg kommen. Ich würde nur
    gerne auf dein Angebot zurück kommen und ein paar Tage hierbleiben. Ich
    weiss nicht, ob ich gleich wieder in diese Wohnung zurückkehren
    kann." "Natürlich, Karo, so lange, wie du willst." Karo blieb aber doch
    nur den Rest der Wochenendes bei Anne. Trotz Annes Drängen, doch noch
    länger bei ihr zu verweilen, fuhr sie Montag früh wieder zurück. Es war
    ein eigenartiges Gefühl wieder ihre Wohnung zu betreten. Die
    Erinnerungen strömten sofort wieder auf sie ein, als hätten sie in
    irgendeinem Winkel auf sie gelauert. Karo stellte ihre Tasche ab und
    liess sich auf den Sessel fallen. In diesem Moment klingelte ihr
    Telefon. Karo hob den Hörer ab und meldete sich. Der Polizist vom
    Samstag war am Telefon. "Wissen sie überhaupt, in welcher Gefahr sie
    die ganze Zeit geschwebt haben?" Karo schauderte etwas. "Nein, warum?"
    Unwillkürlich kamen ihr die Geräusche aus Pauls Wohnung ins Gedächniss. "Paul Wiesner hat verschiedene Männer über Kontaktanzeigen kennengelernt. Es waren
    zumeist ältere, die aus diversen Gründen Interesse daran hatten, ihre
    Homoseualität zu verbergen. Herr Wiesner hat diese in seine Wohnung
    gelockt, mit einem Lösungsmittel betäubt und sie dann misshandelt. Dann
    hat er sie im betäubten Zustand irgendwo ausgesetzt und darauf
    vertraut, dass diese Männer schweigen würden." Karo lief es kalt den
    Rücken hinunter."Warum hat er das getan?" "Das wissen wir auch nicht.
    Warum aber sind sie nicht früher bei uns aufgetaucht, nachdem sie das
    erste Mal die Geräusche vernommen hatten." Karos Augen füllten sich mit
    Tränen. "Das weiss ich auch nicht", flüsterte sie ins Telefon. "Naja",
    meinte der Mann am anderen Ende der Leitung, "so schnell werden sie
    Herrn Wiesner sicher auch nicht wiedersehen. Er ist jetzt erstmal in
    psychatrischer Behandlung." Nachdem das Telefonat beendet war, blickte
    Karo sich in der Wohnung um.
    Sie wusste gar nicht so richtig, was sie jetzt anfangen sollte. Am
    liebsten würde sie sich ins Bett legen und nur noch heulen. Sie erhob
    sich aus dem Sessel und ging auf die Terasse hinaus. Sie würde ihre
    Pflanzen noch winterfest machen müssen. Einsam stand noch der
    Liegestuhl herum und erinnerte flüchtig an den Sommer. Karo ging
    hinüber, um ihn zusammen zuklappen. Da hörte sie aus seinem Inneren ein
    dünnes Miauen. Ein kleines dunkles Stückchen Fell sprang von dem Stuhl
    hinunter und eilte auf Karo zu. Karos Gesicht erhellte sich. Sie nahm
    die kleine Katze auf den Arm und drückte ihr Gesicht in das weiche
    Fell. "Wir beide werden das schon schaffen", flüsterte sie der Katze
    ins Ohr. Als Antwort erhielt Karo ein sanftes Schurren.
    Ende?

    Lucinda
    Nein, das Schnurren der Katze war noch nicht das Ende...
    Karo begab sich in ihr Bett und genoß die behagliche Wärme. Ja, das
    Wetter war tatsächlich ungemütlich geworden. Die Monate waren dahin
    gegangen, das Jahr neigte sich seinem Ende zu. Und wieder hatte Karo das
    Gefühl, ein Jahr verschenkt zu haben. Sie war immer noch dick; sie
    verbrachte immer noch 90% ihrer Lebenszeit damit, über ihren Zustand zu
    klagen; immer noch kamen diese Freßattacken - schlimmer waren nur noch
    die teigigen, verschwitzten Tage n a c h den Freßanfällen. Tage, an
    denen einem alles so zum Hals raushängt, trotzdem frißt und frißt man,
    wie im Koma. Karo hatte lange nicht mehr darüber nachgedacht, obwohl sie
    regelmäßig von ihrer Gier heimgesucht wurde. Diese dicken Speckrollen
    auf Bauch und Hüften, es waren die Zeichen ihrer Freßgier. Wie sie sich
    in diesem Moment dafür schämte, immer wieder so völlig unkontrolliert zu
    sein! Wenn man das Fett doch nur einfach wegzaubern könnte...

    Bitte hier weiterlesen.
                
      

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