Das Gärtnern („Garteln“) und die Beschäftigung mit Pflanzen sind wieder in. Sogar das Wochenmagazin „Die Zeit“ widmete dem Glück im Garten einen mehrere Seiten langen Beitrag – sonst wär mir das gar nicht so aufgefallen, denn für mich persönlich waren Garten und Gärtnern immer in.
Gärtnern ist kreativ, ist Beschäftigung mit etwas Lebendigen, das unter meinem direkten Einfluss wächst und gedeiht – das ist befriedigender als jeder Tamagotchi es je sein könnte.
Aber während es „zu meiner Zeit“ – Ende der 1970er – vor allem um die Abkehr von der konventionellen Landwirtschaft (und eigentlich auch von der Stadt) hin zu ökologischen Methoden und um die Erprobung neuer Lebensweisen und Bewirtschaftungsmethoden auf dem Land ging, dreht es sich heute darum, das Grüne und Lebendige auch Städtern erlebbar zu machen.
Während die einen „Neugärtner“ sich einfach dem stillen Glück hingeben, die das Gärtnern und die Beschäftigung mit Pflanzen mit sich bringen, ist das neue Gärtnern (wenn man Samenbombenwerfen dazu zählt) für andere Ausdruck des Protestes und des zivilen Ungehorsams (sagt Wikipedia).
Die neuen Garten-Trends
Mietgärten
Gärtnern beschränkt sich nicht mehr nur auf den Hausgarten, Schrebergarten, den Balkon (Topfgarten) oder den Dachgarten, sondern kann nun auch in Mietgärten (Video bei n-tv) am Stadtrand ausprobiert werden. Der Vorteil der Mietgärten gegenüber den Schrebergärten ist, dass man sie für nur eine Gartensaison mieten kann. Außerdem bieten viele „Vermieter“ fachliche Betreuung und sonstige Infrastruktur für ein erfolgreiches Gartenerlebnis an.
Guerilla Gardening
Wie der Name erahnen lässt, geht es dem Guerilla-Gärtner auch um eine politische Absicht, die er aber nicht in einer offenen Konfrontation austrägt, sondern die er im heimlichen Besäen und Bepflanzen von brachliegenden Flächen ausdrückt.
Ich persönlich habe dazu eine differenzierte Einstellung, denn brachliegende Flächen sind wichtig für die Ansiedelung einer Ruderalflora (das sind die natürlichen erstbesiedelnden Pflanzen von Brachland – die sind nicht immer schön, sehen manchmal aus wie dürres, struppiges „Unkraut“, sind aber wichtig für Kleinstlebewesen). Wer also Saatbomben (ein zu Kugeln geformtes Gemisch aus Erde, Ton und Samen) wirft, sollte meiner Meinung nach nicht nur Eigentumsrechte respektieren, sondern ausschließlich Samen der lokal heimischen Flora nutzen.
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Urban Gardening
Der Begriff Urban Gardening ist anscheinend dehnbar: Während die einen darunter heimliche Landwirtschaft in der Stadt auf (fremden) nicht genutzten Flächen verstehen (also eine Variation von Guerilla Gardening), meint der Begriff bei anderen jegliche gärtnerische Betätigung in einer städtischen Umgebung – auf Dächern, Balkonen, unbebauten Grundstücken, in Töpfen, Containern, in Erdeaufschüttungen (extensive Dachbegrünungsaufbauten) usw. Da werden schon lange nicht mehr nur ein paar hübsche Blumen angebaut, sondern auch Kräuter, Gemüse und sogar Kartoffeln.
Es ist schön, dass Menschen Glück im Garten bzw. beim Gärtnern in der Stadt erleben. Doch ich hoffe, dass diese Erlebnisse auch ihre Sinne für die Probleme, die eine teilweise fehlgeleitete Industrialisierung der Landwirtschaft draußen auf dem Land verursacht (wie verhungernde Bienen, Nitrat im Grundwasser etc.), schärft und ihren Kampfgeist gegen diese wachsenden Missstände weckt. Denn – neue Landflucht hin oder her – die Folgen werden nicht vor den Stadtmauern halt machen. Und das neue Garten-Glück sollte nicht nur verzücken.
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