Social Media: Sind Beauty-Gurus geldgierig und lügen Influencer für Geld?

Die Beauty-Community ist nicht nur durch die öffentlich in Social Media ausgetragenen Dispute einiger Top-InfluencerInnen in die Schlagzeilen geraten, sondern nun wird ans Licht gebracht, was sich angeblich hinter den Kulissen der Schönheitsindustrie abspielt – und vermutlich nicht nur hinter den Kulissen dieser Branche. Dazu soll auch Negativwerbung, Schlechtmachen des Konkurrenten gegen Bezahlung, gehören. (Meinungsbeitrag**, Erstveröffentlichung 31.1.2018, aktualisiert 2.2.2023)

Beauty-Gurus und andere InfluencerInnen vertrauen


Top oder Flop – viele KonsumentInnen verlassen sich bei Kaufentscheidungen auf die Meinung ihrer Vorbilder in Social Media. Doch die Beauty-Gurus und andere InfluencerInnen stehen immer wieder in der Kritik.

Top-Beauty-InfluencerInnen oder deren AgentInnen/ManagerInnen können für inhaltliche Werbung auf ihren Kanälen bei YouTube, Instagram & Co. hohe Preise aushandeln. Wie viel genau das pro „Brand Deal“ (vertragliche Werbevereinbarung mit einer Marke, beispielsweise Sponsorship für einen Content-Beitrag bei YouTube oder TikTok) ist, hängt von der Zahl ihrer Fans, vom Ruf des Beauty-Influencers und mehr ab. Nun wurden Zahlen lanciert: 25.000 US-Dollar sind angeblich für einen Top-Beauty-Guru dafür drin, ein Produkt zusammen mit anderen in einem Video zu erwähnen (Beispiel: Neuheitenvorstellung), 60.000 und mehr US-Dollar, wenn der ganze Beitrag nur diesem einen Produkt oder der einen Marke gewidmet ist. Zusätzlich gibt es noch Prozente am Verkauf, wenn die Fans einen Werbelink (Affiliate-Link) oder einen Code nutzen. Nachtrag: Jeffree Star spricht 2023 anlässlich eines Skandals bei TikTok sogar von Sponsorship-Verträgen mit Zahlungen von mehr als 200.000 US-Dollar, von denen er weiß. Jeffree Star selbst macht allerdings grundsätzlich keine Make-up-Reviews gegen Geld, um seine Glaubwürdigkeit zu erhalten. Sein Einkommen stammt aus seinem eigenen Make-up-und Beauty-Unternehmen Jeffree Star Cosmetics (JSC) und anderen Geschäftsfeldern (Killer Merch, Star Yak Ranch, Jeffree Star Pets und anderes).

Wie YouTuber und andere Influencer Geld verdienen
Ab einer bestimmten Anzahl Abonnenten und Video-Abrufen können InfluencerInnen bei YouTube Werbeeinnahmen verdienen. Dazu spielt YouTube Adsense-Werbung ein und gibt dem/der YouTuberIn einen Anteil an den Einnahmen (sowohl YouTube als auch Google Adsense gehören zur börsennotierten amerikanischen Holding namens Alphabet, früher Google LLC).
Hat sich ein Influencer/YouTube-Kanal eine für Firmen interessante Reichweite erarbeitet und bespricht deren Produkte, geben ihm manche Unternehmen einen Code. Bei Code-Verwendung während einer Bestellung erhalten je nach Vereinbarung entweder nur die Kunden einen Rabatt oder auch der Influencer eine Provision.
Eine weitere Möglichkeit, als YouTuber Geld zu verdienen, ist eine Partnerschaft mit Amazon und als Affiliate-Partner anderer Unternehmen – die Partnerlinks/Werbelinks findet man dann in der Videobeschreibung. Bei einer Bestellung über den Werbelink erhält der Content Creator (wie auch Blogger und Vlogger) eine kleine Werbeprovision.
Vor allem reichweitenstarke, aber auch auf Nischen spezialisierte YouTuber bekommen von Unternehmen Brand Deals (gesponserte Content-Beiträge) angeboten. Vertraglich kann alles Mögliche vereinbart werden – von der bloßen Erwähnung des Markennamens bis zum Themen-Video, das die Produkte des Unternehmens in den Mittelpunkt stellt.
Wichtig ist, dass alle Werbelinks und Werbevereinbarungen als solche transparent gemacht werden (Werbung, Anzeige, Werbelink, Affiliate-Code etc.), denn sonst ist dies Schleichwerbung (Unlauterer Wettbewerb) – und wenn Zuschauer oder Mitbewerber das herausfinden, ist nicht nur das Vertrauen und damit der Ruf dahin, sondern kann auch teuer werden.
Bekannte Beauty-InfluencerInnen/YouTuberInnen bekommen manchmal Kooperationen für gemeinsame Produkte von Unternehmen angeboten, bei denen sie mehr oder weniger viel Einfluss nehmen können und mehr oder weniger gut am Erfolg beteiligt oder mit einer Pauschale abgespeist werden.
Wer eine große Reichweite und keine Angst vor eigenem Unternehmertum hat, kann gleich selbst ein Unternehmen gründen, wie Jeffree Star es tat (Jeffree Star Cosmetics) und damit zum Make-up-Mogul wurde, der weltweit seine Fans und KundInnen hat (in Deutschland kann man Jeffree-Star-Produkte beispielsweise online bei Douglas* oder im Nicht-EU-Ausland bei Beautylish (USA) oder Beauty Bay (UK) bestellen).
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Nun ist die Empörung einiger groß, die Beauty-Gurus seien unverschämt und geldgierig. Aber ist das wirklich so?

Ein Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Es gibt nur wenige Top-Influencer – englischsprachige Top-Beauty-YouTuber/InstagramerInnen haben ungefähr fünf bis über fünfzehn Millionen Fans – das dürften derzeit kaum mehr als 10 bis 15 Make-up-KünstlerInnen sein. Je nach Persönlichkeit und Ansehen des Beauty-Gurus und wofür die Person steht, der tatsächlichen Reichweite („Views“ pro Beitrag), den durchschnittlichen Reaktionen auf dessen Beiträge (Anzahl „Likes“, Kommentare, ob Aufnahme in YouTube-Trends etc.), dem zu bewerbendem Produkt, dessen Marge, Fan-/Zielgruppenüberschneidung etc. kann sich eine Ausgabe in den oben genannten Dimensionen für größere Marken aus der Beauty-Industrie durchaus lohnen, schließlich erreichen sie über die Top-Beauty-Gurus viele Millionen Fans – oft auch in Nischen, die sonst schwer erreichbar sind -, und diese Fans vertrauen ihren Idolen meist mehr als der Werbung der Marken.

Tatsächlich ist die Zusammenarbeit mit InfluencerInnen für Unternehmen meist viel günstiger als es herkömmliche Medienkampagnen sind.

Ich verstehe zwar den Frust kleinerer Kosmetikmarken, wenn sie von den (angeblichen) Preisen der Beauty-Gurus hören, weil sie sich solche Werbeaktionen mit ihrem kleineren Budget nicht leisten können, aber es kann sich auch nicht jede kleine Schneiderei eine Anzeige wie Louis Vuitton, Versace oder Chanel in der Vogue leisten – kleine Unternehmen müssen jetzt, da Social Media für die Beauty-Branche so wichtig geworden ist und auch die großen Kosmetik-Konzerne dort mitmischen, auf dem Markt anders punkten, beispielsweise mit Originalität und Witz auffallen oder eben mit kleineren spezialisierten InfluencerInnen zusammenarbeiten, vielleicht auch junge, aufstrebende Make-up-ArtistInnen, deren Visionen sich mit ihrer Marke decken, fördern.

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Einige kleine Make-up-MarkenbesitzerInnen jammern öffentlich über die Entwicklung der Preise und bemitleiden sich selbst, obwohl sich in der Regel nicht nur die Preise der InfluencerInnen sondern auch deren jeweilige Reichweite in den letzten Jahren vervielfacht hat).

Erfrischend realistisch und die verschiedenen Perspektiven berücksichtigend reflektiert dagegen Jennifer Gerard, CEO von Gerard Cosmetics, die 2010 aus ihrem mobilen Zahnaufhellungsservice ein Kosmetikunternehmen machte, das inzwischen ein umfangreichem Beauty-Sortiment hat und international versendet.

Natürlich sind auch manche Make-up-KünstlerInnen alter Schule aufgebracht, wenn sie von solchen Forderungen hören, denn die Social-Media-„Emporkömmlinge“ schnappen ihnen möglicherweise lukrative Aufträge als MarkenbotschafterInnen (Brand Embassadors) und anderes weg – allerdings habe ich noch nie davon gehört, dass eine Modemarke einen Beauty-Guru aus dem Internet für das Schminken von Models für den realen Laufsteg auf Schauen engagiert hat (Nachtrag: Ende 2018 wurde YouTube-Beauty-Guru Nikkietutorials aus den Niederlanden von Pat McGrath, der laut Vogue einflussreichsten Make-up-Künstlerin der Welt, zur Versace Fashion Show in Mailand hinter die Kulissen eingeladen – aber nur zum Gucken, nicht zum Schminken).

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Aber vermutlich geht ein Teil von Kampagnen-Budgets nun an Social-Media-Beauty-Gurus und diese bekommen wegen ihrer Bekanntheit spannende Kooperationen angeboten, beispielsweise für die Zusammenstellung von Pinsel- oder Kosmetikprodukte-Sets mit ihrem Gesicht und Namen auf der Packung. Das mag sich für manche ungerecht anfühlen und ist es auch – so ungerecht, wie es die Erfindung des Autos oder der Eisenbahn für die Pferdekutschenbetreiber war. Aber die Welt ändert sich nun mal und jeder muss sich dem anpassen – was sich manchmal im Nachhinein sogar als Gewinn entpuppen kann. (Nachtrag 2023: Inzwischen haben viele Maskenbildner und Celebrity-Make-up-Künstler ihre eigenen Kanäle bei YouTube und anderswo in Social Media. Wie in anderen Branchen gehört das heutzutage zur professionellen Selbstvermarktung und wird manchmal auch zum zweiten oder sogar ersten beruflichen Standbein Selbstständiger.)

Bleiben Sie daher grundsätzlich kritisch gegenüber allem, was Ihnen weisgemacht werden soll und wählen Sie sowohl die Marken als auch die Social-Media-InfluencerInnen Ihres Vertrauens sorgfältig!

The Secrets of the Beauty World (YouTube-Kanal Shane mit Jeffree Star und dem Team von Jeffree Star Cosmetics)


InfluencerInnen, die von Agenturen vertreten werden, die hinter ihrem Rücken Unternehmen Angebote für Werbung ohne Kennzeichnung oder gar Negativwerbung unterbreiten, sollten die Agentur feuern.

Unternehmen, die mit InfluencerInnen zusammenarbeiten wollen, sollten nicht nur auf den Preis und die Anzahl der Fans gucken, sondern auch darauf, ob die Fanzahl organisch gewachsen ist und nicht etwa Fans gekauft wurden, ob die Fans sich mit der eigenen Zielgruppe decken, auf das Image der InfluencerIn oder des Influencers, auf die Abrufzahlen für Beiträge und anderes mehr.

* Werbelink: Buchabbildungen und mit Sternchen versehene Links sind Werbelinks. Sollten Sie etwas auf der Zielseite kaufen, erhalte ich unter Umständen eine winzige Provision.
** Im Artikel werden Marken erwähnt. Dafür gab es weder eine Bezahlung noch eine andere Gegenleistung.

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Über Eva Schumann

Garten(bau) und Gärtnern sind meine Therapie und Leidenschaft und sie waren viele Jahre mein Beruf. Zu meinem Gartenbau-Studium kam ich über den zweiten Bildungsweg, denn da lernte ich den Spaß am Lernen und so wurde lebenslanges Lernen zu meinem Lebensmotto. Ich bin Fachfrau auf mehreren Gebieten, denn ich habe mehrere Ausbildungen (Einzelhandelskauffrau Parfümerie, abgeschlossenes Studium Gartenbau, Weiterbildung Netzwerk- und Internetmanagement, Schulungen technische Redaktion, IT, Mobilfunknetze, Programmierung, Datenbanken und mehr) und auch ausgiebig Berufserfahrung gesammelt. Daneben bin ich immer leidenschaftliche Hobbygärtnerin (Garten, Balkon, Terrasse) und Hobbybörsianerin (aus Begeisterung für das Internet) geblieben. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt heute als freie Journalistin, Bloggerin, Texterin, Buchautorin und Technische Redakteurin (mehr siehe www.evaschumann.biz) sowie über meine werbefinanzierten Publikationen im Internet (Portalseite www.tinto.de). Buchen Sie Werbeplatz oder bestellen Sie frische Texte, Bilder oder anderen Content bei tinto@tinto.de oder eschumann@evaschumann.biz
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