Es tut sich was im Gartenbau – und die neuen Versuchsergebnisse zum Energieeinsparen bzw. Energiegewinnen mit Gewächshäusern dürften auch für Hobbygärtner interessant sein, die mit dem Gedanken spielen, sich ein Gewächshaus für den Garten zu kaufen, selbst zu bauen oder ein vorhandenes Gewächshaus umzubauen.
Vor einiger Zeit war ich auf einem Symposium der Technischen Universität München (TUM) in Weihenstephan, bei dem es um die nachhaltige Produktion im Gartenbau ging. Ein großer Schwerpunkt der Veranstaltung waren Niedrigenergiegewächshäuser, also Gewächshäuser, bei denen jede Menge Energie durch Energiesparmaßnahmen eingespart oder sogar – neben der Nutzung für den Pflanzenanbau – für Fremdnutzung gewonnen werden kann.
Die bei dem Symposium vorgestellten Erkenntnisse wurden im Rahmen von Projekten der Zukunftsinitiative Niedrigenergiegewächshaus (ZINEG) gewonnen, an welcher mehrere Hochschulen und Forschungseinrichtungen beteiligt sind und die von verschiedenen Ministerien gefördert wird.
Tabelle: Übersicht ZINEG
Folgende Erkenntnisse finde ich auch für Hobbygärtner mit Gewächshaus beziehungsweise mit dem Wunsch, sich ein Gewächshaus anzuschaffen oder zu bauen, interessant.
Energie sparen durch Isolierglas in Kombination mit Energieschirmen
Ergebnisse vom ZINEG-Standort Hannover, Prof. Dr. Hans-Jürgen Tantau von der Leibniz Universität Hannover
Bei Einfachglas wurde nachts ein Wärmeverbrauchskoeffizienten von 7,6 W/m2K festgestellt, bei Isolierglas von 4,0 W/m2K. Das ist eine Einsparung von 47 % nur durch die Wahl des Eindeckungsmaterials!
Noch viel mehr einsparen kann man, wenn man Energieschirme anbringt. Energieschirme sind spezielle Gewebe mit oder ohne Beschichtung, die nachts mittels einer Vorrichtung unter dem Dach und an den Seiten aufgespannt werden, um so ein isolierendes Luftpolster zwischen der Außenwand und dem Kulturbereich zu schaffen. Isolierglas plus drei Energieschirme reduzierten den Wärmeverbrauchskoeffizienten auf 1,2 W/m2K – doch dies dürfte in einem Kleingewächshaus schwer zu realisieren sein. Ein einzelner Energieschirm senkte den Wert bei Isolierglas immerhin auf 3,0 W/m2K. Auch wenn die Zahlen sicher bei Kleingewächshäusern nicht 1:1 umzusetzen sind, können sie vielleicht beim ein oder anderen Kleingewächshausbauer und Hobbygärtner die Fantasie beflügeln, wie er bei sich die Energieverluste in der Nacht verringern und so Ressourcen und Kosten sparen kann.
Doppelfolien-Gewächshäuser mit/ohne UV-Durchlässigkeit
Ergebnisse vom ZINEG-Standort Neustadt/Weinstraße, Prof. Dr. Joachim Meyer und Alexandra Kreuzpaintner von der TUM
Bei den Versuchen am ZINEG-Standort Neustadt an der Weinstraße wurden die Versuchs-Gewächshäuser mit unterschiedlicher Doppelfolie eingedeckt und mit verschieden vielen Energieschirmen unterschiedlich isoliert. Selbst die maximale Isolierung („Prinzip Thermoskanne“) bei normaler Doppelfolien-Eindeckung und mehreren Schirmen brachte gute Ernteergebnisse, obwohl die tagsüber zu Paketen zusammengefalteten Schirme den Lichteinfall stark verringern. Am besten funktionierte in dem Versuch jedoch die Gewächshauseindeckung mit UV-durchlässiger F-CLEAN-Folie und zwei Energieschirmen: Höchster Ertrag, hohe Energieeinsparung, niedriger CO2-Fussabdruck.
Das Gewächshaus als Sonnenkollektor
Ergebnisse vom ZINEG-Standort Berlin, Prof. Dr. Uwe Schmidt von der Humboldt Universität zu Berlin
Das Gewächshaus wird in diesem Versuch nicht gelüftet, um überschüssige Wärme hinauszulassen, sondern die Luft wird mit Hilfe einer Wasser-Wasser-Wärmepumpe gekühlt: Überschüssige fühlbare und latente Wärme werden mittels Kühlflächen unter dem Gewächshausdach und dem Betrieb der Wärmepumpe entzogen und in einem Wassertank (isolierter Regenwassertank) gespeichert. Mit der so gewonnenen Energie wurden im Versuch das Kollektorgewächshaus und das Vergleichsgewächshaus nachts und an trüben Tagen geheizt. Von März bis November konnten das Kollektorgewächshaus und das Vergleichsgewächshaus auf diese Weise autark versorgt werden. Die Tomaten im Kollektorhaus brachten sogar einen höheren Ertrag und enthielten mehr gesundheitsförderndes Lycopin. Der Nachteil: Leider erfordert diese Ausstattung hohe Investitionskosten für die Wärmepumpe – aber für den ein oder anderen Tüftler dürfte diese Art der Gewächshausnutzung dennoch eine Möglichkeit sein.
Dr. Hans-Peter Kläring vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau
Natürlich hat manche Energiesparmaßnahme pflanzenphysiologisch ihre Grenzen. So kann man beispielsweise ein Tomaten-Gewächshaus tagsüber nicht geschlossen lassen, wenn die Luftfeuchtigkeit über 80% steigt, weil dann der Pollen in den Blüten verklebt und die Bestäubung nicht mehr funktioniert, wodurch dann nur wenige und winzige Tomaten gebildet werden. Genauso brauchen Gurken und Tomaten während der „Etablierungsphase“, in der sie anwachsen und Blätter ausbilden, höhere Temperaturen als sie es später vertragen. Gurken benötigen später tagsüber nur noch mindestens 3 bis 4 Stunden über 20 °C für ein ausreichendes Fruchtwachstum.
Wärmeschutzverglasung fürs Gewächshaus?
Ergebnisse vom ZINEG-Standort Osnabrück, Dr. Hans-Peter Römer von der Hochschule Osnabrück
Wärmeschutzverglasung ist teuer und wird daher (bisher) im Unterglasanbau nicht verwendet. Aber es funktioniert, fand man in Osnabrück heraus, und man kann viel Energie sparen. Wo also Geld bei der Anschaffung des Eindeckungsmaterials keine Rolle spielt, wenn die Statik des Gewächshauses das aushält und die Fenster in die Sprossen passen, ist Wärmeschutzglas durchaus einsetzbar.
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