„Auf jeden Fall manchmal unwiderstehlich. Heute habe ich mein Leben ohne Kühlschrank vorerst beendet.“ Das war 2013. aktualisiert 2020
Die meisten von uns vergleichsweise wohlhabenden Mittel- und Nordeuropäern können sich ein Leben ohne Kühlschrank kaum vorstellen. Der Kühlschrank ist in unseren Haushalten fast wie ein Familienmitglied, immer da und, wenn man Glück hat, einigermaßen verlässlich. Und wie ein Familienmitglied mag man ihn mal sehr und mal nicht so sehr – abhängig davon, ob er beispielsweise Versprechungen einhält oder nicht. Was den Kühlschrank von den anderen Familienmitgliedern unterscheidet: Wenn er nicht mehr funktioniert, wie er soll – weil er manchmal komische Geräusche macht oder seine Haushaltspflichten nicht erfüllt -, dann tauscht man ihn einfach gegen einen neuen aus.
Als mein letzter Kühlschrank im Herbst 2010 nicht mehr die Kraft hatte, zu tun, wofür ich ihn Jahre zuvor angeschafft hatte, brachte ich es nicht über mich, ihn einfach zu entsorgen und zu ersetzen – er sah ja noch so gut aus – und gab ihm bis Anfang 2013 ein Gnadenbrot als Schrank. So begann mein Experiment, ohne Kühlschrank zu (über)leben.
Jeder Mensch, dem ich erzählte, dass ich keinen funktionierenden Kühlschrank in der Wohnung habe, hielt mich für gestört oder sah mich mitleidig an, weil er vermutete, meine Geschäfte gingen schlecht und ich könnte mir keinen neuen Kühlschrank und seinen Betrieb (Stromkosten →
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Dem war zum Glück nicht so, sondern ich hatte mich entschlossen, das Leben ohne Kühlschrank zu erproben – mit meinen vielen Reisen/Fernreisen in jüngeren Jahren hatte ich energiesparmäßig und hinsichtlich CO2-Fußabdruck auch noch einiges gutzumachen.
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Und ich fand das Leben ohne Kühlschrank eigentlich nicht einmal besonders schwierig – was aber auch daran lag, dass ich als freie Journalistin, Bloggerin und Buchautorin überwiegend zu Hause arbeite. Im Winter konnte ich sowieso manches in einer Kiste auf der Terrasse kühlen, im Sommer ging ich für kalte Getränke zum Bäcker, Bioladen, türkischen Lebensmittelladen oder einem Kiosk um die Ecke, wo riesige, gut gefüllte Kühlschränke stehen – die aber höhere Preise verlangen als der Supermarkt oder Getränkeläden mit ihren größeren Verpackungseinheiten.
Außerdem, so stellte ich fest, half mir das automatisch vorsichtigere und gezielte Einkaufen im Alltag – tatsächlich warf ich (noch) weniger weg als vorher. Ich freute mich außerdem an meinen niedrigen Stromkosten, denn obwohl ich bei einem zertifizierten Ökostrom-Anbieter bin, der ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen verkauft, und bei mir TV-Gerät, Notebook-Computer und Smartphone überbeansprucht werden, zahle ich monatlich gerade mal 26 Euro (seit 2020 sind es 31 Euro Abschlagzahlung) für meine Wohnung (die Stromkosten für Waschen im Waschkeller, Licht im Treppenhaus und anderer Gemeinschaftsstrom sind hier allerdings nicht enthalten).
Nach weiteren zweieinhalb Jahren Verwendung als Schrank war mein Kühlschrank dann doch ziemlich unansehnlich geworden und ich ließ mich überreden, mir einen neuen zu kaufen, den ich entweder als Schrank oder Kühlschrank nutzen wollte (Alleinstehender, gut aussehender Kühlschrank unter 50 gesucht), und mich von dem alten zu trennen.
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Bald nach der Online-Bestellung bei einem altbewährten Versandhändler kam der neue per Spedition (und nahm den alten mit). Ich war von seinem Anblick gleich so geblendet, dass ich die Trennung vom alten schnell vergaß. Immer wieder ging ich um ihn herum und begutachtete ihn. Er passte gut an seinen Platz. Beim Einschlafen hatte ich ein Lächeln auf den Lippen.
Als ich den neuen Kühlschrank am nächsten Morgen an den Strom anschloss, um zu prüfen, ob er überhaupt funktionsfähig wäre, falls ich ihn denn als Kühlschrank nutzen wollte, da war da Licht und sein Weiß und Plexiglas blitzten mich an. Ich konnte nicht anders: Ich stellte die Lebensmittel, die ich auf der Terrasse aufbewahrt hatte, in den neuen Kühlschrank und schaute mir das Stillleben an. Und ich wusste, so schnell würde ich ihm seinen Lebenssaft Strom nicht wieder nehmen können. Er gehört jetzt zu mir: als Kühlschrank, nicht als Schrank. Und wenn er mal komische Geräusche macht, dann werde ich das auch ertragen, genauso wie die Kosten für 165 kWh/Jahr an Energieverbrauch – bei 25,75 Cent/kWh sind das etwa 42,50 Euro/Jahr (lt. Hersteller: Kühlraum 87 l, Gefrierraum *** 9 l, A+), errechnete ich.
Nachtrag 2020 Jetzt nach 7 Jahren würde ich die Frage im Titel so beantworten: Mein Kühlschrank ist ein treues Familienmitglied! Meine Stromkosten sind zwar jetzt höher als 2012, aber erstens sind in den letzten 7 Jahren die Strompreise gestiegen und zweitens habe ich mehr stromverbrauchende Geräte als damals. Mit der Kühlleistung des Kühlschranks bin ich jetzt nach fast 7 Jahren immer noch zufrieden, und ja – auch er macht nachts manchmal komische Geräusche (vor allem, wenn ich nicht abgetaut habe), doch weniger als mein Notebook, das nachts für automatische Upgrades aus dem Schlaf gerissen wird (inzwischen abgestellt, das nervt zu sehr). Weniger zufrieden bin ich allerdings mit der Abdeckplatte des Gerätes – die ist leider aus billigstem Kunststoff, der schnell Sprünge bekam. Um die Nachhaltigkeit eines Gerätes zu beurteilen, müsste man eigentlich solche Faktoren auch einbeziehen – allerdings findet man dazu wenig. Mancher Kunststoff von Haushaltsgeräten neigt zu Sprüngen, anderer wird mit der Zeit unansehnlich gelb, wie beispielsweise meine Spülmaschine. Die Abdeckplatte für einen Kühlschrank kann man je nach Modell austauschen oder notfalls mit einer Auflage verbergen, aber was tut man, wenn das ganze Gerät mit der Zeit gelb wird? In mir sträubt sich mal wieder alles dagegen, ein funktionierendes Gerät, meine Spülmaschine, die offensichtlich auch nicht viel Strom verbraucht, gegen ein Neugerät zu ersetzen. Andererseits, wie lange halte ich diesen Anblick (und mitleidige Blicke von besuchenden Freunden darüber) noch aus?
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