Mit der zunehmenden Verstädterung kamen neue verbrauchernahe Anbaumethoden für gärtnerische/landwirtschaftliche Produkte auf – die Stichworte dazu: „Urban Gardening“/“Urban Farming“/“Urban Horticulture“. Dazu gehört auch die standortunabhängige Produktion von gartenbaulichen Produkten in zu Anbaucontainern (Farmcontainer, Growcontainer) aufgerüsteten Frachtcontainern – eine Form des „Indoor-Farmings“. Ein anderer, schon lang anhaltender Trend, der in den letzten Jahren aber mehr Wind unter seine Flügel bekam, ist die Kritik an der industriellen Landwirtschaft und deren Erzeugnissen, wodurch neue Verbraucher-Erzeuger-Beziehungskonzepte entwickelt wurden und sich ausbreiten, beispielsweise die verschiedenen Möglichkeiten der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi), auch „Community-supported agriculture“, CSA, genannt, mit der meist ökologische und/oder soziale Landwirtschaftsprojekte umgesetzt werden.
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Farmcontainer
Farmcontainer (Anbaucontainer/Wachstumscontainer) sind in der Regel aufgerüstete Frachtcontainer/Schiffscontainer, in denen mit Hilfe von Kunstlicht (meist LED-Leuchtmittel) sowie Klima-, Bewässerungs- und Düngetechnik (Hydroponik) gärtnerische Produkte verbrauchernah und unabhängig von den Standortbedingungen wie Boden, Klima und Jahreszeit herangezogen werden können.
Der Anbau im umgebauten Frachtcontainer ist hochtechnisiert und automatisiert, hat aber zum Ziel, durch die Wasser- und Düngemitteleinsparung dank Effizienz und Kreislaufsystem, der Platzausnutzung dank vertikalem Anbau sowie der Verbrauchernähe nachhaltig zu sein – was derzeit in einem Growtainer an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf neben anderen Versuchsfragen untersucht und durchgerechnet wird. Zum Anbaucontainer aufgerüstete Frachtcontainer werden beispielsweise von Freight Farms („Leafy Green Machine“ und Nachfolgemodell „Greenery“), Growtainer und Vertical Harvest Hydroponics („Containerized Growing System“) angeboten.
Solidarische Landwirtschaft
Die Solidarische Landwirtschaft (Solawi) ist ein Konzept der engeren, direkten, vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Erzeugerbetrieben und ihren Abnehmern. Ziel ist es meist, die regionale Produktion nach ökologischen Gesichtspunkten zu fördern, indem ein oder mehrere Anbauer durch ein solches solidarisches System unterstützt werden. Die Verbraucher garantieren dem landwirtschaftlichen/gartenbaulichen Erzeugerbetrieb die Abnahme bestimmter Kontingente und geben ihm dadurch mehr Planungssicherheit für Investitionen (beispielsweise in Saatgut) und Absatzsicherheit für die angebauten Produkte. Rechtlich wird diese Art der Zusammenarbeit entweder über direkte Einzelverträge (beispielsweise Abnahmeabonnements), über Abnehmerkorporationen (Genossenschaften, Vereine) oder über eine Mitunternehmerschaft realisiert.
Wie sich der Anbau im Farmcontainer mit Solidarischer Landwirtschaft kombinieren lässt
Sarah Ward von der Oasis Springs Farm in Nashua, New Hampshire (USA) teilt in einem Interview ihre Erfahrungen, die sie mit dem Aufbau eines CSA-Konzeptes zum Vertrieb ihrer Farmcontainer-Erzeugnisse gemacht hat, mit den Zuhörern. Sie und ihr Mann Chris begannen 2016 mit dem Betrieb ihrer Farm in Form eines Farmcontainers („Leafy Green Machine“ von Freight Farms), der im städtischen Umfeld im Garten hinter dem Haus aufgestellt wurde, nachdem sie von der örtlichen Verwaltung die Genehmigung dazu erhalten hatten. Das Ziel der Wards war es, mit ihren Erzeugnissen die Menschen ihrer Gemeinde auch in den kalten Wintern von New Hampshire mit frischen, gesunden, lokal produzierten Gemüsen, Kräutern und Salaten zu versorgen. Sarah Ward hat beruflich einen Marketing-/Public-Relationship-Hintergrund und macht die meiste „Farmarbeit“, ihr Mann Chris Ward ist Informatiker und die Unterstützung bei technischen Angelegenheiten. Fällt besonders viel Arbeit an, hilft auch mal der ältere der beiden Söhne.
Da es in ihrer näheren Umgebung kaum Wochenmärkte gibt und sich der Vertrieb von Salat, Kräutern, Sprossen und anderen Greens, Blattgemüse (Grünkohl) und Ähnlichem über Wochenmärkte mengenmäßig als kaum planbar erwies, begann Sarah Ward bald, feste Kunden zu suchen, die bereit waren, bestimmte Kontingente im Voraus zu reservieren und zu bezahlen – was sowohl den Abnehmern als auch den Farmbetreibern zugute kam. Ihr CSA-Prinzip „Weekly Share“ (Wochenanteil) ließ sich zudem besser in ihr Familienleben (Work-Life-Balance) integrieren.
Die Wards pflegen intensiven Kontakt mit ihren Abnehmern, die wissen wollen, wo ihr Salat herkommt und sich über die Frische freuen, teilen Rezepte und haben auch einen wöchentlichen Newsletter. Ihre Motivation schöpfen sie auch daraus, dass sie mit ihrem Containerfarmbetrieb einen Beitrag dazu leisten, dass sich die Menschen ihrer Gemeinde gesünder ernähren.
Die gebuchten Kontingente werden in beschrifteten Tüten an zentrale Abholstellen, bevorzugt mit Kühlschrank, wie die örtliche Bäckerei, das Fitnessstudio und andere lokale Geschäfte, geliefert, wo sie von den Abonnenten abgeholt werden. Die Kunden gehören laut Ward allen demografischen Gruppen an, sowohl Alte, als auch Junge, sowohl Familien mit Kindern als auch Paare oder Singles sind dabei. Die Local-Food-Bewegung war den meisten der Abnehmer bereits bekannt, zum Anbau in Hydroponik war allerdings etwas Aufklärungsarbeit nötig – die Frische und der Geschmack haben letztendlich überzeugt. Die Bekanntheit der Wardschen Farm wächst durch Mund-zu-Mund-Propaganda, wird aber auch aktiv über Social-Media-Plattformen und Anzeigen in regionalen Foren vergrößert.
Sarah Ward im Interview
How to Run a Successful CSA with Oasis Springs Farm (YouTube, Kanal: Freight Farms)
Fazit
Der Anbau im Frachtcontainer schafft mehr Unabhängigkeit von Importen bzw. von Lieferketten. Am meisten Sinn macht der Anbau im Farmcontainer dort, wo es keine nachhaltigeren Möglichkeiten gibt, frische Blattgemüse u. Ä. (im Winter) auf den Tisch zu bringen. Ob und wie wirtschaftlich und nachhaltig der Anbau in einem Farmcontainer ist, hängt vom Einzelfall ab. Strom ist ein wichtiger Nachhaltigkeits- und Kostenfaktor. Manche (oder viele?) Nutzer solcher Anbaucontainer betreiben diese mit selbst produziertem Solarstrom. In manchen Gegenden gibt es auch besonders günstigen Zugang zu Ökostrom. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit müssen unter anderem der örtliche Strompreis, die Preisgestaltungsmöglichkeiten (Konkurrenzsituation) und ob man sich einen festen Kundenstamm aufbauen kann (abhängig davon, wie die Akzeptanz ist) als wichtige Komponenten in die Rechnung einbezogen werden.
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