Rezension zum gerade bei TRIAS erschienenen Buch „Unverbissen vegetarisch“ von Claudia Klinger. Das Buch erhält von mir 4,5 von fünf Sternen.
Gründe gibt es genug, das eigene Essverhalten zu reflektieren und es ein wenig oder möglicherweise ganz in Richtung vegetarische oder vegane Ernährung zu verschieben – von Lebensmittelskandalen und gesetzlich geduldeter Tierquälerei, über die schlechte Umweltbilanz der Erzeugung von tierischen Lebensmitteln bis hin zur deprimierenden Klimabilanz einer Ernährung mit Fleisch.
Doch die Vorstellung, auf Liebgewonnenes zu verzichten – vor allem beim Essen –, macht Angst. Da verdrängt man lieber unbequeme Gedanken – bis es nicht mehr geht.
Als bei Claudia Klinger der Zeitpunkt gekommen war, entschloss sie sich, es einfach auszuprobieren – unverbissen und undogmatisch. Das Ziel war ungefähr klar – Ausstieg aus dem Fleischkonsum. Aber wenn zwischendrin der Hunger auf Fleisch groß wäre, dann würde sie eben ein Steak essen, nahm sie sich vor – ein Bio-Produkt, weil da die Messlatte für eine artgerechte Haltung und nachhaltige Produktionsweise höher liegt als in der konventionellen industriellen Landwirtschaft.
Und Claudia Klinger wäre nicht die Claudia Klinger, eine Webworkerin und bekannte Bloggerin, wenn sie ihr Vorhaben nicht mit einem „Unverbissen vegetarisch“-Blog begleitete, der den Trend zu „mehr vegetarisch“ unterstützten sollte. Per Blog teilte sie ihre Erfahrungen häppchenweise, diskutierte mit ihren Blogbesuchern Gedanken zum Thema und tauschte Erfahrungen und Rezepte aus.
Nun gibt es das Buch zum Blog.
Über das Buch
Claudia Klinger schildert in „Unverbissen vegetarisch: Der lockere Einstieg in ein fleischloses Leben“ ihre Motive für die Veränderung ihrer Ernährungsgewohnheiten und wie sie diese Veränderung unverbissen in die Tat umsetzte. Es geht ihr nicht um ideologische Grabenkämpfe, sondern darum, wie man es anstellt, „besser“ zu werden – vor allem wegen der Tiere. Sie teilt ihre Erfahrungen mit vegetarischen und veganen Produkten und gibt Zubereitungstipps, die neugierig machen – z. B. auf fleischlose Wiener Schnitzel, Wurst ohne tierische Bestandteile und Pfannkuchen ohne Ei. Pfannkuchen ohne Ei? Was hat das mit fleischlos zu tun? Nun, Claudia Klinger hat festgestellt, dass es ihr nicht reicht, Fleisch vom Speiseplan zu streichen, sondern dass viele der Argumente gegen Fleisch auch für andere tierische Produkte wie Eier und Milch gelten. Ihr Prozess der Umstellung setzte sich also weiter fort.
„Unverbissen vegetarisch: Der lockere Einstieg in ein fleischloses Leben“ ist eine Darstellung des Themas aus persönlicher Perspektive, ein Erfahrungsbericht und Resümee zugleich. Das Buch enthält neben Informationen, Argumenten und Erfahrungen auch einen Rezeptteil. Bei manchen Rezepten geht es darum, gewohnte Genüsse aus der alten Ernährung fleischlos bzw. tierproduktefrei zu ersetzen, andere sollen neue Genüsse erschließen helfen.
Das Taschenbuch ist ansprechend aufgemacht. Das Umschlagmotiv und die witzigen Illustrationen von Andrea Koopmann geben ihm die zum Inhalt passende Frische und Aufgeschlossenheit. Das Buch enthält eine kommentierte Liste von Adressen im Veggi-Universum und am Buchende gibt es je ein Inhalts- und ein Rezeptregister.
Buchdaten
Unverbissen vegetarisch: Der lockere Einstieg in ein fleischloses Leben*
Claudia Klinger
TRIAS Verlag
ISBN 978-3-8304-6733-5
160 Seiten
12,99 EURO
* Werbepartnerlink zu Amazon.de
Aus dem Inhaltsverzeichnis
- Wie alles begann
- Unverbissen vegetarisch
- Die Suche nach dem anderen Essen
- Ab sofort ist selbst kochen angesagt
- Erfahrungen mit der Umstellung
- Weniger radikal, aber dafür nachhaltiger
- Müssen Vegetarier Mangelerscheinungen befürchten
- Mit bloßem Weglassen ist es nicht getan
- Tipps und Infos
- Meine Alltagsrezepte
Kleine Kritikpunkte
Ich hätte mir zusätzlich zu den vielen Erfahrungen, die das Buch bietet, noch Informationen zu den Kosten gewünscht – speziell, wenn der Anspruch an gekaufte Produkte nicht nur „vegetarisch“ oder „vegan“, sondern auch noch „biologisch/ökologisch“ und „fair“ lautet. Ein Fragezeichen ist bei mir aufgepoppt, was denn in diesen Zusatz-/
Ersatzstoffen wie NoEgg oder Kala Namak Salz drin ist – bzw. wie „künstlich“ die sind. Speziell für Berufstätige, die außer Haus arbeiten und oft 10 Stunden oder mehr nicht in der eigenen Küche sind, und für Menschen, die selbst gar nicht oder nur Schnellgerichte kochen, wären noch ein paar mehr praktische Tipps hilfreich gewesen.
Mein Lieblingskapitel
… ist das Kapitel „Der Verbraucher will es nicht anders“ – wobei Claudia Klinger genau dies widerlegt. Denn niemand hat uns gefragt, ob wir wollen, dass Millionen frisch geschlüpfter männlicher Küken getötet werden, weil sie keine Eier legen können, ob wir wollen, dass lebende Tiere in Transportern quer durch Europa gekarrt werden oder dass bei der Schlachtung wegen der Effizienz in Kauf genommen wird, dass – laut Klinger – viele Tiere „versehentlich“ bei vollem Bewusstsein gesiedet und zerteilt werden. Trotzdem würde ich den Verbraucher, der mit seinem „Geiz-ist-geil“-Kaufverhalten ja auch Druck ausübt und dem Lebensmittelhandel eine Richtung vorgibt, der wiederum diesen Druck an die Erzeuger weitergibt, nicht völlig freisprechen. In dem Zusammenhang hätte man vielleicht auch noch etwas zur Globalisierung und deren Einfluss sagen können. Andererseits hätte das vielleicht in diesem Buch, bei dem es vor allem um persönliche Erfahrungen geht, auch zu weit geführt.
Fazit: Sympathisch undogmatisch und deshalb überzeugend (4,5 von fünf Sternen)
Claudia Klinger überzeugt den Leser mit Argumenten und praktischen Erfahrungen und nicht mit Dogmen und erhobenem Zeigefinger. Sie hat an sich selbst nicht den Anspruch, eine perfekte Vegetarierin oder Veganerin zu sein und setzt dadurch auch den Leser nicht unter Druck. Wer auf ideologische Grabenkämpfe aus ist, läuft hier ins Leere. Man muss Claudia Klinger auch nicht bei all ihren persönlichen Motiven beipflichten, aber das Buch macht große Lust darauf, ihre Tipps unvoreingenommen auszuprobieren – einfach weil es Sinn macht und einige der Rezepte sehr schmackhaft klingen – und dann selbst zu entscheiden, ob und wie dieser Weg von „mehr vegetarisch“ bis „vegan“ auch für einen selbst infrage kommt. Das Buch enthält viele praktische Tipps für diesen Selbstversuch. Sehr empfehlenswert!
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