Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat den Westeuropäischen Igel (Erinaceus europaeus), in ihre Rote Liste der bedrohten Arten als „potenziell gefährdet“ aufgenommen.
Welche Igel gibt es bei uns überhaupt?
Die bekanntesten Igelarten in Europa sind der Braunbrustigel, ein Nördlicher Weißbrustigel (Erinaceus roumanicus) sowie ein Südlicher Weißbrustigel (Erinaceus concolor). Der Braunbrustigel ist auf dem europäischen Kontinent weit verbreitet, vorrangig ist er beispielsweise in Deutschland, Österreich, den Benelux-Ländern, Skandinavien, Großbritannien. Der Nördliche Weißbrustigel ist in Mittel- und Osteuropa zuhause. Man findet ihn von Polen, Österreich, in den Balkanländern, sogar auf den Inseln Kreta, Rhodos und Korfu, bis zum Baltikum, der Ukraine, Russland und Westsibirien. Der Südliche Weißbrutsigel lebt in Westasien und im Südkaukasus in Ländern wie Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Iran, Israel, Russland, Syrien sowie in der Türkei.
Warum ist unser Igel gefährdet?
Auch wenn man nicht genau weiß, wie viele Braunbrustigel es gibt, wird geschätzt, dass die Populationen je nach Land in den vergangenen zehn Jahren um 16 bis 33 Prozent zurückgegangen sind. In Bayern und in Belgien soll sich die Igelpopulation in den letzten 10 Jahren sogar halbiert haben.
Warum werden die Igel immer weniger?
Der Braunbrustigel leidet unter der Zerstörung von Lebensräumen – einerseits durch die intensive Landwirtschaft (große Felder, fehlende Hecken und Gehölze an Feldrändern, fehlende artenreiche Magerwiesen), andererseits durch die Straßen und Stadtentwicklung (Bodenversiegelung) sowie Schotteraufschüttungen und Minimalgrün statt abwechslungsreicher Gärten.
Unser Igel, das stachelige Säugetier, ist zudem ein nicht allzu schneller Nachtwanderer. Oft wird er Opfer von Räubern wie Dachs und Uhu, von Autos sowie von Mährobotern und anderen Gartengeräten.
Profitieren Igel vom Klimawandel?
Wer denkt, Igel genießen die kürzeren, wärmeren Winter, irrt. Die Igel erwachen aus dem Winterschlaf und verbrauchen Energie, finden aber in aufgeräumten Gärten (oder wenn der Boden noch durchgefroren ist) zu wenig Nahrung.
Lösung: Vor dem Winter sollte man nicht alle Flächen kahl räumen, denn so nimmt man den Gartentieren, auch Schmetterlingen und anderen Insekten, Versteck- und Überwinterungsmöglichkeiten, außerdem verschlechtert es die Möglichkeit, wenn nötig, Futter zu finden. Zumindest Wildnisecken mit abgestorbenen Stauden, einheimischen Wildpflanzen, Laub- und Reisighaufen sollte man belassen.
Viruskrankheit bei Igeln festgestellt
Igel können leider an vielen Säugetierkrankheiten erkranken, von Krebs über Fettleber bis zu Herz- und Gefäßkrankheiten. Nun hat man an Igeln in verschiedenen oberbayerischen Landkreisen eine Infektion mit dem Borna-Virus (Borna Disease Virus 1, BoDV-1) diagnostiziert, das möglicherweise bei Kontakt mit Feldspitzmäusen oder deren Ausscheidungen übertragen wurde. Infizierte Igel hören auf zu fressen, können sich kaum noch bewegen und haben Muskelzuckungen. Soweit aktuell bekannt, gibt es das Virus im östlichen Süddeutschland (Teile von Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg) sowie kleinere Vorkommen in der Schweiz, Liechtenstein und Österreich.
Menschen werden selten vom Borna-Virus infiziert, aber wenn, dann kann dies zu einer Gehirnentzündung mit tödlichem Verlauf führen. Bisher war man davon ausgegangen, dass nur Feldspitzmäuse die Krankheit an andere Säugetiere (zu denen auch der Mensch gehört) über ihre Ausscheidungen und eventuell Bisse übertragen können, doch nun will man prüfen, ob auch andere Spitzmausarten oder Tiere wie der Igel (ein Insektenfresser wie die Feldspitzmaus), die Krankheit über Ausscheidungen weitergeben können. Vorsicht also vor potenziell verunreinigten Lebensmitteln, kontaminiertem Staub (der theoretisch auch an Mäuse jagenden Katzen haften kann) und verschmutztem Wasser. Ich bin keine Ärztin und kein Virenforscher, doch würde ich beim Umgang mit Igeln und Spitzmäusen sicherheitshalber Handschuhe und Maske tragen, bis man mehr weiß.
Igel benötigen unsere Hilfe
Gartenbesitzer können dem Igel helfen, indem sie den Garten naturnah gestalten und bewirtschaften, beispielsweise im Herbst nicht zu sehr aufräumen, zumindest „Wildnisecken“ im Garten belassen, in denen der Igel auch seine Leibspeisen vor allem Käfer, Larven aller Art, Spinnen, Tausendfüßler und ähnliches findet. Damit der Igel und andere Tiere es sich für den Winter kuschelig machen können, lässt man in der Wildnisecke auch Reisighaufen und Laubhaufen liegen.
Dass man kein Rattengift oder andere Gifte einsetzt, versteht sich von selbst, aber auch beim Einsatz von motorisierten Gartengeräten wie Rasenkantenschneider und Motorsensen muss man aufpassen und vor dem Einsatz die Wiese oder die jeweilige Fläche unter den Sträuchern checken, ob sich da (junge) Igel verstecken. Auf Mähroboter verzichtet man am besten ganz, vor allem ab der Dämmerung, wenn die Igel aktiv werden.
Übrigens: Igel sind Insektenfresser, sie vertilgen zwar auch Nacktschnecken und Würmer, aber zu viele tun ihnen nicht gut, weil diese Lungenhaar- und Lungenwürmer übertragen können. Man sollte einen Igel also nicht in ein Beet mit 1000 Schnecken sperren, in dem er sonst nichts findet und aus Hunger zu viele Schnecken frisst.
Igel sind laktoseintolerant. Man darf ihnen keine Milch oder Milchprodukte geben, sie können sonst Durchfall bekommen. Igel fressen und vertragen entgegen der landläufigen Meinung auch kein Obst. Wenn sie es probieren, dann weil sie hoffen, darin Insekten zu finden. Äpfel sollte man ihnen also nur anbieten, wenn diese Larven enthalten. Mehr Informationen zur Igelfütterung bei Igel in Bayern und bei PETA.
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