Forsythien: Schluss mit der Verteufelung

Forsythien werden von manchen verteufelt, weil sie Bienen und erwachsenen Schmetterlingen nichts zu bieten hätten, und auf ForsythienliebhaberInnen wird in den sozialen Netzen mit selbstgerechter Empörtheit herumgehackt. (Meinungsbeitrag)

Forsythien sind umstritten
Viele Menschen lieben die Forsythie als Frühlingsbotin und Teil der deutschen Osterschmückkultur, andere sprechen ihr die Daseinsberechtigung ab und beschimpfen die ForsythienliebhaberInnen in den sozialen Netzen.

Ich persönlich bin keine besondere Forsythienliebhaberin, ich finde sie „okay“ – dabei fällt mir ein, dass ich mit einer Forsythie vor dem Kinderzimmerfenster aufgewachsen bin. Aber ich halte gar nichts von dieser Schwarz-Weiß-Malerei und „Cancel Culture“, die derzeit zur Schau getragen wird, – nicht bei Menschen (außer sie sind Massenmörder) und auch nicht, wenn es um Pflanzen geht.

Der Nutzen für Bienen und für erwachsene Falter ist nicht das einzige Kriterium für den Wert einer Pflanze. Auch wenn sie keinen Pollen entwickelt, kann sie interessant als Futter für Raupen (Jugendstadien von Schmetterlingen) und für andere Insekten sein. Und so genannte Nützlinge (räuberische Wanzen, Spinnen, Florfliegen etc.) freuen sich über jede Beute – auch an einer von Bienen nicht geschätzten Pflanze.

Beispielsweise finden räuberische Insekten und Vögel an Forsythien frühzeitig Insekten, die von der gelben Farbe angelockt wurden, und kleine Vögel können sich zwischen den mit Blütenbüscheln üppig bedeckten Zweigen verstecken, wenn viele andere Gehölze noch kahl sind. Manche Vogelarten nutzen Forsythien als Ansitz, andere brüten darin, wieder andere naschen von den Knospen, wenn das Futterangebot ansonsten knapp ist.

Jede Pflanze, die von so genannten Schädlingen befallen wird, hat deren Gegenspielern („Nützlinge“) etwas zu bieten. Forsythien werden beispielsweise von Spinnmilben, Blattwanzen, Dickmaulrüsslern sowie nach Angaben einiger Quellen auch von Falterraupen wie Buchdruckereulen und Schlehenspinnern heimgesucht. Die Spinnmilben sind Futter für räuberische Spinnentiere wie Raubmilben, die anderen für räuberische Insekten wie die Larven der Florfliegen sowie für Raubwanzen, die Falter und deren Raupen sind Eiweißhappen für Vögel.

Ich erinnere mich, als ich noch im Biologischen Pflanzenschutz arbeitete, dass eine Kollegin für ihre kleine Nützlingszucht nach Raubwanzen vor allem an Forsythien suchte, um ihre Nützlingsmannschaft aufzufrischen, und sie meines Wissens dort auch regelmäßig fand.

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Und es gibt natürlich auch andere hilfreiche Eigenschaften, die eine Pflanze haben kann wie Frosthärte, Unempfindlichkeit, Genügsamkeit, Ungiftigkeit und anderes mehr. Die Forsythie ist für viele Menschen ein Stimmungsaufheller, ein Symbol für Ostern und Hoffnung. Man kann von ihr Blütenzweige schneiden und die Wohnung und anderes mit den Zweigen schmücken. Außerdem ist die Forsythie eine Zeigerpflanze für den Erstfrühling im phänologischen Kalender, nach ihr richten sich viele Gärtnernde mit dem Rosenschnitt.

Ganz abgesehen davon, dass bei uns zwar viele, aber nicht alle Forsythien Hybriden (Forsythia × intermedia) sind, die in diesem Fall (fast) keine Pollen bilden: Auf dem Vormarsch ist die Forsythie „Beatrix Farrand“, die Pollen bildet und daher auch für Pollen fressende/sammelnde Insekten interessant ist.

Nichtsdestotrotz ist es empfehlenswert, nicht ausschließlich Forsythien oder ausschließlich gefüllte Blumen in einen Garten zu pflanzen, auch wenn man sie besonders liebt. Besser ist es (auch für einen gesunden Garten) nach Vielfalt zu streben und dabei unbedingt auch einheimische Pflanzen mit einem hohen Wert für Vögel, Bienen und andere Fauna (beispielsweise solche für Schmetterlinge und solche für deren Raupen) zu berücksichtigen. Schöne heimische Gehölze mit „Mehrwert“ sind beispielsweise die Felsenbirne (sie hat später Früchte für die Vögel und je nach Sorte auch noch eine tolle rosa-kupferfarbene Herbstfärbung zu bieten), Kornelkirsche (geeignet zum Marmelademachen, Futter für die Vögel) und viele andere (siehe auch → Pflanzen für Nützlinge).

Wer die Forsythie nicht mag – egal aus welchen Gründen -, muss sie nicht in den eigenen Garten pflanzen, hat aber nicht das Recht, sie anderen zu verbieten.

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Über Eva Schumann

Garten(bau) und Gärtnern sind meine Therapie und Leidenschaft und sie waren viele Jahre mein Beruf. Zu meinem Gartenbau-Studium kam ich über den zweiten Bildungsweg, denn da lernte ich den Spaß am Lernen und so wurde lebenslanges Lernen zu meinem Lebensmotto. Ich bin Fachfrau auf mehreren Gebieten, denn ich habe mehrere Ausbildungen (Einzelhandelskauffrau Parfümerie, abgeschlossenes Studium Gartenbau, Weiterbildung Netzwerk- und Internetmanagement, Schulungen technische Redaktion, IT, Mobilfunknetze, Programmierung, Datenbanken und mehr) und auch ausgiebig Berufserfahrung gesammelt. Daneben bin ich immer leidenschaftliche Hobbygärtnerin (Garten, Balkon, Terrasse) und Hobbybörsianerin (aus Begeisterung für das Internet) geblieben. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt heute als freie Journalistin, Bloggerin, Texterin, Buchautorin und Technische Redakteurin (mehr siehe www.evaschumann.biz) sowie über meine werbefinanzierten Publikationen im Internet (Portalseite www.tinto.de). Buchen Sie Werbeplatz oder bestellen Sie frische Texte, Bilder oder anderen Content bei tinto@tinto.de oder eschumann@evaschumann.biz
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