Monsanto und Bayer sind nicht so verschieden, wie manche glauben

Kommentar
Manche wundern sich angesichts der Übernahmepläne von Bayer, warum ein so gut beleumdetes Unternehmen wie Bayer ein bei Umweltschützern so verpöntes Unternehmen wie Monsanto kaufen möchte, und manche machen sich sogar öffentlich Sorgen, wie Bayer mit seinem „tadellosen Ruf“ einen Image-Schaden verhindern kann (Wie Bayer bei der Monsanto-Übernahme großen Schaden verhindern kann, SZ.de).

Der oben verlinkte, meiner Meinung nach völlig überflüssige Artikel informiert die LeserInnen zu Anfang, dass der Name Monsanto laut Bayer-Chef Werner Baumann nach der Übernahme verschwinden soll und die Geschäfte unter dem Namen Bayer weitergeführt werden. Dazu nimmt im weiteren Artikel ein Markenstratege Stellung und empfiehlt, Bayer solle lieber keine Verbindung zwischen dem Pharmahersteller Bayer und „umstrittenen Gengeschäften“ entstehen lassen, beispielsweise besser einen ganz anderen Markennamen wählen. Dann folgen Beispiele, wie erfolgreich die markenstrategische Abgrenzung bei anderen Unternehmen allgemein und im Besonderen in Krisen war, sowie die Frage, was die Bayer-Mitarbeiter davon halten, dass das Unternehmen PLÖTZLICH mit umstrittenen Geschäften assoziiert wird sowie ein Hinweis, dass Bayer mit der Übernahme von Monsanto die kritischen NGOs als Gegner gleich dazu bekäme.

Ich wundere mich und frage: Was heißt hier „tadelloser Ruf“ von Bayer und „plötzliche Gengeschäfte“?

Haben die Besorgten noch nie von Bayer CropScience gehört? Die Bayer-Mitarbeiter und die Umweltschutz-NGOs jedenfalls wissen bestimmt, dass Bayer nicht nur ein Pharmakonzern ist, der die Menschheit mit Aspirin beglückt hat, sondern dass auch Bayer CropScience zum Konzern Bayer gehört – und Bayer CropScience ist einer der Big Player der viel kritisierten, weil durch Zusammenschlüsse und Übernahmen immer größer und mächtiger werdenden globalen Agrarindustrie.

Bayer CropScience stellt chemische Pflanzenschutzmittel, auch Beizmittel der umstrittenen Gruppe der Neonicotinoide oder Unkrautvernichtungsmittel auf Basis von Glyphosat, her. Bei Bayer CropScience heißt das Glyphosat-Mittel nicht Roundup wie bei Monsanto, sondern beispielsweise BAYER GARTEN LANGZEIT-UNKRAUTFREI PERMACLEAN oder Bayer Garten Unkrautfrei – es enthält aber den gleichen Wirkstoff: Glyphosat.

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Auf dem Gebiet der Agrochemie ist Bayer CropScience laut Wikipedia der Marktführer weltweit!

Bayer CropScience setzt aber auch schon länger auf die umstrittene Grüne Gentechnik, also gentechnisch veränderte Pflanzen – und ist daher nicht besonders beliebt bei allen, die gegen Gentechnik in der Landwirtschaft sind. Die NGOs haben Bayer doch längst auf dem Schirm! Und das ist gut so.

Bayer CropScience hat laut Wikipedia Standorte in Dormagen, im Industriepark Höchst und in Knapsack. Die europäische Zentrale befindet sich in Lyon. Die meisten Bayer CropScience Werke befinden sich allerdings in den USA. Warum wohl? Vermutlich, weil in den USA die Grüne Gentechnik erlaubt ist und da kann man dann gentechnisch veränderte Sorten auf dazu passende Pflanzenschutzmittel abstimmen – traumhafte Geschäftsmodelle winken.

Bayer CropScience wurde in den USA übrigens schon einmal zur Zahlung von 136,8 Millionen US-Dollar Schadenersatz verurteilt, weil eine noch nicht zugelassene transgene Reissorte von Bayer CropScience in die Nahrungs- und Futtermittelkette außerhalb der Versuche gelangt war und ein Reisexporteur seinen Reis dann nicht mehr in die EU liefern konnte.

Bayer CropScience und Monsanto liegen also ganz nah beieinander, was die Zuneigung der Umweltschützer angeht. Aber auch der Bayer Pharmabereich hatte schon seine Skandale, die man ebenfalls bei Wikipedia nachlesen kann.

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Dazu kommt, dass Bayer nun mal ein sehr großer Konzern ist und die Skepsis gegenüber großen globalen Konzerne angesichts all der Skandale großer Unternehmen wie der Deutschen Bank oder VW täglich wächst. Zu oft sieht man, wie zur Sicherung des Umsatzes bzw. des Geschäftsmodells alle ethischen Ansprüche und Versprechungen über den Haufen geworfen werden.

Insofern kann man nur beten, dass Verbraucherschützer und Umweltschützer weiterhin ein wachsames Auge haben werden – auf alle Konzerne, nicht nur auf Bayer und Bayer CropScience.

Eigentlich schätze ich die Süddeutsche Zeitung sehr, aber bei diesem Artikel frage ich mich, warum Bayer so völlig unkritisch dargestellt wird und wieso sich ein Markenstratege da so austoben durfte. Andererseits bestätigt der Artikel das, was viele Menschen inzwischen von großen Konzernen wie Banken, Autoherstellern, Agrarchemie-/mischkonzernen denken: Dass sie Verbrauchern und privaten Aktionären Sand in die Augen streuen, damit sie ihre Geschäftsmodelle und fragliche Praktiken nicht rechtfertigen müssen.

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Über Eva Schumann

Garten(bau) und Gärtnern sind meine Therapie und Leidenschaft und sie waren viele Jahre mein Beruf. Zu meinem Gartenbau-Studium kam ich über den zweiten Bildungsweg, denn da lernte ich den Spaß am Lernen und so wurde lebenslanges Lernen zu meinem Lebensmotto. Ich bin Fachfrau auf mehreren Gebieten, denn ich habe mehrere Ausbildungen (Einzelhandelskauffrau Parfümerie, abgeschlossenes Studium Gartenbau, Weiterbildung Netzwerk- und Internetmanagement, Schulungen technische Redaktion, IT, Mobilfunknetze, Programmierung, Datenbanken und mehr) und auch ausgiebig Berufserfahrung gesammelt. Daneben bin ich immer leidenschaftliche Hobbygärtnerin (Garten, Balkon, Terrasse) und Hobbybörsianerin (aus Begeisterung für das Internet) geblieben. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt heute als freie Journalistin, Bloggerin, Texterin, Buchautorin und Technische Redakteurin (mehr siehe www.evaschumann.biz) sowie über meine werbefinanzierten Publikationen im Internet (Portalseite www.tinto.de). Buchen Sie Werbeplatz oder bestellen Sie frische Texte, Bilder oder anderen Content bei tinto@tinto.de oder eschumann@evaschumann.biz
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2 Antworten auf Monsanto und Bayer sind nicht so verschieden, wie manche glauben

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