Der menschengemachte Klimawandel ist umkehrbar, verspricht das kürzlich im Oekom Verlag erschienene Buch „Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen“ von Ute Scheub und Stefan Schwarzer. Das bekanntermaßen klimaschädliche Kohlendioxid (CO2) lasse sich durch regenerative Agrikultur aus der Atmosphäre holen und in Form von Humus wieder im Boden speichern – wo es zu einem großen Teil auch herstammt. Nicht nur könnte der CO2-Gehalt der Atmosphäre wieder auf ein vorindustrielles Niveau gesenkt werden, auch die Artenvielfalt im und über dem Boden würde gefördert werden – und durch die wesentliche Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit wären auch die Erträge langfristig höher als beim agroindustriellen Anbau. Und das Beste: Wir können alle dabei mitmachen! (Buchvorstellung**).
Gartenbau und Landwirtschaft sind hoch politische Themen. In ihrem Buch „Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen“ stellen Scheub und Schwarzer die Auswirkungen der Agroindustrie („Goliath“) denen der regenerativen Agrikultur („David“) gegenüber.
Die Agroindustrie steht beispielsweise für Anbau in Monokulturen, Einsatz von Unkrautvernichtungsmitteln und energieaufwendig hergestellten Mineraldüngern, die Entwaldung in Südamerika für den Kraftfutteranbau für die Massentierhaltung bei uns, für Artensterben, Bodendegeneration und deren Folgen etc. Die Agroindustrie macht mit ihren Produkten Gewinne, weil die Kosten für die Bereinigung der durch sie hervorgerufenen Schäden wie Wasserverunreinigungen durch Nitrat- und Phosphat-Eintrag ins Grundwasser, globale und regionale Klimaveränderungen, Wüstenbildung, Umkippen von Gewässern, Vertreibung der Touristen durch Schaumbildung an den Stränden etc. andere oder die Allgemeinheit tragen – daran ändern auch die neuesten Greenwashing-Versuche nichts. Gefördert werde die Agroindustrie durch eine Politik, die immer noch die falschen Anreize setze.
Die regenerative Agrikultur ist an Mensch und Natur ausgerichtet und bedient sich regenerativer, ökologischer Methoden wie Kreislaufwirtschaft, pfluglose Bodenbearbeitung, Kompostierung und Terra Preta, Permakultur, Agroforstsysteme und Waldgärten, Wassermanagement sowie holistisches Weidemanagement zur Wiederherstellung von Dauergraslandflächen, zur Regeneration des (regionalen) Klimas und der Böden. Sie setzt auf (kleinbäuerliche) Agrarökologie, Sortenvielfalt und den verstärkten Anbau für lokale Märkte sowie für Begrünung und Entsiegelung.
Was wäre, wenn …?
Wenn man den Humusgehalt der Böden weltweit über die Umstellung von Agroindustrie auf regenerative Agrikultur um wenige Promille erhöht, wäre der CO2-Gehalt der Atmosphäre in wenigen Jahrzehnten wieder auf einem normalen Stand. Scheub und Schwarzer haben zur Unterfütterung ihrer Behauptungen entsprechende Berechnungen und Aussagen internationaler Forscher sowie Versuchsergebnisse und Projekte der regenerativen Agrikultur auf der ganzen Welt gesammelt und zusammengetragen.
Nimmt man die wahren Kosten (true costs), die die Kosten für die Allgemeinheit enthalten, als Grundlage für die Preiskalkulation von landwirtschaftlichen Produkten, dann zeige sich, dass die regenerative Agrikultur effizienter als die Agroindustrie ist und die Preise auch günstiger als die der Agroindustrie wären – die Politik müsste mit entsprechenden Rahmenbedingungen nur dafür sorgen, dass die Kosten, die jetzt andere tragen, von der Agroindustrie selbst getragen werden müssten. Außerdem sollte sie eine unabhängige wissenschaftliche Forschung im Bereich der Agrarökologie unterstützen.
Und wie können wir mitmachen?
Da sich Böden und Landwirtschaft über die ganze Erde verteilen, müssen viele zur Mitwirkung gewonnen werden – für das politische Engagement genauso wie für die Anwendung der Praktiken der regenerativen Agrikultur – bäuerliche Initiativen, Kleinbauern, Urban Gardener und Selbstversorger, Wissenschaftler, Politiker und Aktivisten lokal, regional, national und international. Das Buch enthält für die Anwender auch einige Praxistipps, beispielsweise zur Herstellung von Pflanzenkohle, Terra-Preta und Effektive Mikroorganismen (EM), zur Anlage von Agroforstsystemen und zum Bau mobiler Hochbeete.
„Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen.“ wurde von der Politikwissenschaftlerin und Publizistin Ute Scheub und dem physischen Geografen und Permakultur-Designer Stefan Schwarzer geschrieben (zur Info: die physische Geografie ist die naturwissenschaftliche Erforschung der Geosphäre, Permakultur-Design ist die Entwicklung von nachhaltigen, naturnahen Kreisläufen).
Mein Fazit
Die Autoren zeigen mit ihrem Buch „Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen“, wie wir als Menschheit unsere Klima-, Boden-, Umwelt- und die Welternährungs-Probleme in den Griff bekommen. Sie wollen Menschen dazu motivieren, sich in dieser Richtung zu engagieren. Ich glaube, dass sie mit diesem sehr interessanten Buch dazu beitragen. Die Thesen sind steil, aber scheinen mir gut unterfüttert. Als eher faktenorientierter Mensch hätte ich auf die ein oder andere polemische Spitze auf der einen Seite und romantische Verklärung und idealisierte alternative Lebensmodelle auf der anderen Seite verzichten können, doch andere Leser mögen das genau anders empfinden.
Die Humusrevolution. Wie wir den Boden heilen, das Klima retten und die Ernährungswende schaffen.*
Ute Scheub und Stefan Schwarzer
Oekom Verlag**
240 Seiten
ISBN 978-3-86581-838-6
* Werbelink
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