Öko-/Bio-Label für Kleidung und Textilien sind noch nicht so sehr im Verbraucherbewusstsein angekommen wie die Bio-/Öko-Label und andere Nachhaltigkeits-Siegel aus dem Lebensmittelbereich. Zu Unrecht.
ergänzt am 13.03.2013
Öko-Label, Fair-Trade- und Bio-Siegel für Lebensmittel kennt man ja schon lange – damit sollen Qualitätsstandards hinsichtlich Nachhaltigkeit gewährleistet werden. Nachhaltigkeit steht für Warenbereitstellung nach ökologischen/Nachhaltigkeits- Gesichtspunkten – bei Anbau und Verarbeitung und wie die Ware zum Verbraucher kommt -, aber auch für soziale Nachhaltigkeit (faire Beteiligung von Bauern und Arbeitern). Die einzelnen Label/Siegel stehen für eine unterschiedliche Auslegung von „Bio“, „Öko“ und/oder „Fair“ und unterschiedlich strenge Vorgaben. Als Verbraucher mit Nachhaltigkeitsanspruch möchte man mit dem Kauf von Lebensmitteln mit einem Öko-Label/Fair-Trade-Siegel/Bio-Siegel erreichen, dass
- die Umwelt und das Klima weniger belastet wird,
- nachhaltig und artgerecht bewirtschaftet wird,
- gesündere Lebensmittel auf den Tisch kommen,
- Arbeiter/Arbeiterinnen in der Landwirtschaft weniger Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind,
- Produzenten und Verteilsysteme, die sich um die Umwelt bemühen, belohnt werden,
- Anbauer/Anbauerinnen und Arbeiter/Arbeiterinnen fair bezahlt werden etc.
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Noch nicht ganz so stark ins Verbraucherbewusstsein gerückt, sind die Öko-Label für Kleidung und andere Textilien. Doch das sollten sie.
Chemie-Cocktail in der Kleidung und anderen Textilien
Rund 7.000 verschiedene Chemikalien werden zur Herstellung von Textilien verwendet. In einem schwarzen Büstenhalter können bis zu 400 nachgewiesen werden. Einige der verwendeten Textilchemikalien können Allergien, Hautkrankheiten, Krebs und andere Krankheiten auslösen. Auf dem Etikett sind diese Chemikalien nicht zu finden und Grenzwerte oder Verbote gibt es wenige, denn die Substanzen sind oft nicht ausreichend erforscht und eine Risikobewertung dann nicht möglich. Manche der Textilchemikalien wurden allerdings bei uns verboten – z. B. sind Polychlorierte Biphenyle (PCB) in Deutschland seit 1989 nicht mehr erlaubt, andere wie die Azofarbstoffe mit krebserregenden Aminen dürfen EU-weit nicht mehr verwendet werden. Doch da in China, Indien, USA und anderen Ländern andere Gesetze gelten und wir von dort importieren bzw. manche Modemarken in diesen Ländern produzieren lassen, landen auch bei uns Kleidungsstücke mit Giftbeimischung in den Läden.
Wie können sich Verbraucher gegen Gifte aus der Kleidung schützen?
- Etiketten und Katalogbeschreibungen genauer lesen
Viele der Textilchemikalien werden eingesetzt, um unsere hohen Ansprüche zu erfüllen: kein Knittern, kein Ausbleichen, keine Knöllchenbildung, kein Ausbeulen, Fußpilz hemmend usw. Vielleicht sollte man manchmal die Ansprüche herunterschrauben bzw. nachfragen, wie die Realisierung erreicht wird (durch Beimischung von Chemikalien oder durch die Verwendung besonders hochwertiger Rohstoffe bzw. eines speziellen technischen Verfahrens?) und dann entscheiden. - An der Kleidung riechen
Was schon nach einem Chemie-Cocktail riecht, ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch einer. Im Zweifelsfall nicht kaufen. - Helle Kleidung bevorzugen
Helle, naturfarbene Textilien enthalten in der Regel weniger Farbstoffe als dunkle. - Kleidung vor dem Tragen waschen
Mit ein- oder mehrmaligem Waschen vor dem ersten Tragen wird ein Teil der Textilchemikalien ausgewaschen. Das verbessert zwar nicht gerade die Öko-Bilanz, aber verringert das eigene Gesundheitsrisiko. - Kleidung und Textilien nach Öko-Label auswählen
Wie bei den Bio-Labeln von Lebensmitteln gibt es verschiedene, mit unterschiedlich strenger Öko-Definition (umweltfreundliche Herstellung, Einhaltung von Grenzwerten und/oder keine verbotenen Farbstoffe etc.) bzw. gehört das Label zu einem bestimmten Unternehmen.
Beispiele für Öko-Labels für Textilien:
– Europäisches Umweltzeichen (Blauer Engel)
– Global Organic Textile Standard (GOTS)
– „Hautfreundlich Schadstoffstoffgeprüft“ (Otto-Konzern)
– „Medizinisch getestet und schadstoffgeprüft“ (Körperverträgliche Textilien)
– design for life – hessnatur
– International Association of Natural Textile Industry (iVN)
Nachhaltigkeit in der Mode
Nachhaltigkeit wird zunehmend auch in der Mode Trend. Nicht nur wegen der gesundheitlichen Belastung der Käufer, sondern auch weil immer öfter aufgedeckt wird, wie die Menschen bei der Herstellung ausgebeutet und wie schlimm die Umwelt und das Klima durch eine rücksichtslose Produktion belastet wird.
Inzwischen gibt es jedoch nicht nur einzelne Produkte, Kollektionen oder einzelne Kreative, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben und beispielsweise nur Rohstoffe ohne Pestizide verarbeiten, Stoffe aus ungewöhnlichen oder recycelten Materialien (z. B. bei Otto Sportmode die Kategorie „ECO Recycling“) und/oder Schnitte ohne Verschnitt entwickeln, sondern ganze Modeschauen, an denen nur Designer mit Produkten teilnehmen dürfen, die vorgegebene Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Das Angebot wird größer und auch trendiger.
Öko-Textilien – vielleicht nicht immer, aber immer öfter?
Zwar sind Textilien mit Öko-Label in der Regel teurer als die Billigangebote mancher Ladenketten und dieses Geld muss man als Käufer ja auch erst einmal verdienen. Aber wer glaubt, dass ein T-Shirt für 5 Euro nachhaltig produziert und Arbeiter auch nur im Entferntesten fair bezahlt worden sein können oder man auf ihre Gesundheit Rücksicht genommen hat, der hat sich noch nicht viele Gedanken über die einzelnen Produktionsschritte vom Baumwollanbau, Spinnerei, Stoffherstellung, Färberei, Zuschnitt bis zur Näherei gemacht.
Auch jemand mit kleinem Portemonaie kann nachhaltig erzeugte Kleidung kaufen, denn es gibt auch bei der Kleidung mit Öko-Label immer wieder schöne Sonderangebote und man muss ja nicht gleich von heute auf morgen die ganze Garderobe umstellen, sondern kann sich zunächst ab und zu ein solches Kleidungsstück leisten. Wenn die Nachfrage steigt, dürften die nachhaltig erzeugten Kleidungsstücke mit der Zeit auch günstiger werden. Das Grundprinzip der Nachhaltigkeit und einer ökologischen Einstellung zum Shoppen hilft auch dem Geldbeutel: insgesamt lieber seltener einkaufen, aber dafür ausgesucht schöne Stücke kaufen, die nicht gesundheitsschädlich sind und umweltbewusst und fair produziert worden sind. Das erhöht auch den Druck auf die Händler, Hersteller und Importeure, mehr auf Nachhaltigkeit zu achten. Dann kann man seine neuen Klamotten bedenkenlos genießen.
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Quellen bzw. weitere Informationen:
- Oberbayerisches Volksblatt, 16.04.2012, Rosenheim & Region, Chemikalien in Kleidungsstücken, S.-Sophie Schindler
- Label Online (Projekt der Verbraucherinitiative)
- Detox (Greenpeace-Kampagne)
- THEKEY.TO – Internationale Messe für grüne Mode (Fashion Trends bei modeagentur.net)
- Nach Öko sehen nur noch die Beutel aus (ZEIT ONLINE)
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