Maulwurfsgrillen im Hochbeet

Wenn die frisch gekeimten Aussaaten verwühlt sind und man waagerechte Gangsysteme dicht unter der Erdoberfläche im Hochbeet findet, dann könnte eine Europäische Maulwurfsgrille am Werke sein. Dieses Insekt tritt im Garten nicht nur im Hochbeet, sondern auch in ebenerdigen Beeten, in Gewächshäusern, Frühbeeten und im Rasen auf. Was sind das für Tiere, wann werden sie zum Pflanzenschädling und wie wird man sie umweltverträglich los?

Hochbeet mit Mischkultur
Hochbeet mit Mischkultur (ohne Maulwurfsgrillen, aufgenommen im alten Weihenstephaner Kleingarten)

In letzter Zeit hört man öfter von Maulwurfsgrillen im Hochbeet. Kein Wunder, da Hochbeete wegen ihrer Vorteile („versteckte Kompostierung“, Gärtnern ohne tiefes Bücken etc.) in den letzten Jahren sehr beliebt geworden sind. Da ich schon häufig Anfragen zur Bekämpfung von Maulwurfsgrillen im Hochbeet und anderswo erhalten habe, beantworte ich die aufgetauchten Fragen mit diesem Blogbeitrag.

Gryllotalpa gryllotalpa MHNT

Die Europäische Maulwurfsgrille kann schwimmen, tauchen, fliegen und sich sowohl auf als auch unter der Erde gut bewegen. Hochbeete (und andere Flächen) sind für sie wegen des lockeren, feucht-warmen Bodens und wegen des Angebotes an tierischer und (notfalls) pflanzlicher Nahrung darin interessant. (Bild: Wikimedia Commons | Muséum de Toulouse, Didier Descouens | Lizenz: CC BY-SA 4.0)

Was sind Maulwurfsgrillen?

Die Familie der Maulwurfsgrillen (Gryllotalpidae) gehört zur Ordnung Heuschrecken und speziell zur Unterordnung der Langfühlerschrecken. Wie alle Insekten haben sie 3 Beinpaare, wobei sich die Vorderbeine zu kräftigen Grabschaufeln entwickelt haben. Es gibt etwa 100 Arten Maulwurfsgrillen, die in sechs Gattungen aufgeteilt sind. In Mitteleuropa gibt es aber nur eine Art: die Europäische Maulwurfsgrille.

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Die Europäische Maulwurfsgrille (Gryllotalpa gryllotalpa)

Die Europäische Maulwurfsgrille wird auch Gemeine Maulwurfsgrille, Erdkrebs, Erdwolf oder Werre genannt. Die erwachsenen Tiere werden 5 bis 6 cm lang – die Männchen sind etwas größer als die Weibchen. Sie besiedeln gerne Wiesen in der Nähe von Gewässern, aber auch Gärten – ein gepflegtes Hochbeet, ein Frühbeet oder der alte Komposthaufen mit lockerem Boden und ausreichend Feuchtigkeit in Sonnenlage kommt ihnen als neues Zuhause gerade recht. Man muss jedoch keine „Überfälle“ wie bei manchen Wanderheuschrecken befürchten und die Europäische Maulwurfsgrille fliegt auch nur während der Paarungszeit zur Partnerfindung.

Schema gryllotalpidae bau

Typisches Gangsystem von Maulwurfsgrillen
(Grafik: Wikimedia Commons | Urheber Roger Zenner | Lizenz CC BY-SA 2.0 DE)

Die Europäische Maulwurfsgrille lebt überwiegend unterirdisch in einem Gangsystem und ist nachtaktiv, weshalb man sie außer beim Graben kaum zu Gesicht bekommt. Wenn dann doch, freut sich der (Hobby-)Entomologe über den heutzutage eher seltenen Fund, Hobbygärtner sind weniger begeistert, wenn sich die Tiere in ihrem Garten ausbreiten.

Die Gänge der Europäischen Maulwurfsgrille verlaufen wenige Zentimeter parallel unter der Oberfläche, lediglich Gänge zu den Nestern und Vorratskammern führen etwas tiefer (allerdings traue ich den Angaben zur Tiefe in der obigen Grafik von Wikimedia Commens nicht, außer die Werte wurden an einer Uferböschung gemessen).

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Die Europäische Maulwurfgrille ist eine „Allesfresserin“: Sie ernährt sich hauptsächlich von Insekten und deren Larven (sogar Artgenossen), von Schnecken, Schneckeneiern, Würmern und in der Not von Pflanzenwurzeln und Knollen. Schädlich werden Maulwurfsgrillen bei Massenauftreten vor allem durch das Anlegen ihrer Gangsysteme – durch die Wühltätigkeit verlieren Keimlinge und Jungpflanzen den Bodenkontakt und vertrocknen. Allerdings beißen die Tiere auch Pflanzenwurzeln oberhalb ihrer Nester ab, damit der Boden dort verkahlt und dann stärker von der Sonne erwärmt wird.

Bei (Hobby-)GärtnerInnen, anderen Anbauern und bei in der Grünlandpflege Tätigen ist die Europäische Maulwurfsgrille wegen der Grabaktivitäten und den Schäden, die sie an Grasnarbe, Wurzeln, Knollen und Saaten anrichten kann, wenig beliebt. Dagegen hilft auch nicht das „Singen“ der Männchen (Lockrufe und Minnegesänge) während der Paarungszeit, die im April bis Juni stattfindet und zu der die Tiere nachts ihre Tunnelsysteme verlassen. Die Lockrufe kann man sich hier anhören (Webseite des Landesbund für Vogelschutz in Bayern, LVB). Weibliche Tiere singen nicht, können aber – wie auch die Männchen – mit kurzem Zirpen bei Störungen warnen.

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Nach der Paarung legt das Weibchen einige Hundert Eier verteilt über mehrere nestartige Erdhöhlen, die sie bewacht. Die Larven schlüpfen nach etwa 10 Tagen. In den nächsten 12 bis 24 Monaten durchlaufen sie mindestens fünf Häutungen, bis sie zum geflügelten, geschlechtsreifen erwachsenen Tier werden. Als erwachsenes Tier leben sie noch etwa 1 Jahr lang. Die Larven überwintern zum ersten Mal im dritten Larvenstadium in tiefen Bodenschichten.

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Wie kann man Maulwurfsgrillen loswerden

Weil die Europäische Maulwurfsgrille bei Massenvermehrung Schäden an Gemüse (auch im Gewächshaus), Getreide, Rasen/Wiese und Weinreben hervorrufen kann, wurde sie jahrelang mit allen Mitteln bekämpft, bis sie auf der Roten Liste der gefährdeten Arten der BRD landete – 1998 war sie noch auf der Vorwarnliste, nun ist sie laut NABU nach der „Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands von 2002″ in der Kategorie 2 (stark gefährdete Arten). Findet man Maulwurfsgrillen im eigenen Garten, sollte man also sorgfältig überlegen, ob eine Bekämpfung nötig und sinnvoll und wie sie vorzunehmen ist, immerhin ist die Europäische Maulwurfsgrille auch nützlich.

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Apropos Bekämpfung: Gegen die Europäische Maulwurfsgrille gibt es aktuell keine vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zugelassenen Pflanzenschutzmittel für den Hausgarten. Von so genannten „Hausmitteln“ wie das Einbringen von Petroleum, Speiseöl oder Buttersäure in die Gänge ist wegen der Gefahr der Boden- und Grundwasserverunreinigung unbedingt abzuraten.

Natürliche Feinde der Maulwurfsgrillen

Grundsätzlich sollte man versuchen, die Maulwurfsgrillen im Garten mit der Förderung ihrer natürlichen Feinde unter Kontrolle zu bekommen. Ihre natürlichen Widersacher sind größere Vögel, beispielsweise Amseln und Krähen, aber auch Maulwurf und Dachs, wobei die beiden erstgenannten ebenfalls Aussaaten verwüsten können, wenn sie in der Erde nach den Leckerbissen suchen, und man die beiden letztgenannten auch eher nicht im Beet oder Hochbeet haben möchte. Da Maulwurfsgrillen ähnlich wie Regenwürmer bei Regen an die Erdoberfläche kommen, werden sie dann dort von Igeln (wenn sie Zugang zum Hochbeet haben beispielsweise bei einem Hochbeet am Hang), Spitzmäusen, Hühnern (am besten vor dem Anbau über die Beete laufen lassen) und nicht wasserscheuen Katzen erwischt.

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Hat sich die Maulwurfsgrille bereits ausgebreitet und buddelt das Hochbeet um, kann man sie mit Gläsern und Dosen, die man ebenerdig eingräbt, fangen und in der freien Natur wieder aussetzen. Den Fangerfolg verbessert man, indem man Holzleisten sternförmig zu den Dosen legt – die Tiere laufen an ihnen entlang und fallen in die Dosen. Die Fangdosen müssen regelmäßig überprüft werden, auch um „Beifang“ wie beispielsweise nützliche Laufkäfer freizulassen, bevor sie Schaden nehmen. Ab Mai kann man auch die Nester ausgraben. Die gefangenen Maulwurfsgrillen kann man an Uferböschungen oder auf einer Wiese in der Nähe eines Gewässers freilassen.

Nützlingsproduzenten bieten zudem bei Amazon Nematoden (Steinernema carpocapsae)*, winzige Fadenwürmer, zur Bekämpfung an. Der Einsatz ist erst ab einer Bodentemperatur über 12 Grad Celsius sinnvoll. Die Fadenwürmer dringen in die erwachsenen Maulwurfsgrillen ein und töten das Insekt von innen mittels Bakterien, die sie mitbringen, ab.

Inwieweit die Störung oder gar die Tötung der Tiere mit dem Schutz von Arten vereinbar ist, hängt von der aktuellen Situation vor Ort ab. Auskunft erhält man beim zuständigen Gartenbauberater/Kreisfachberater der Region oder der unteren Naturschutzbehörde (Landratsamt).

Der Eintrag in einer Roten Liste entspricht einem wissenschaftlichen Gutachten. Erst wenn die Art im Anhang der Bundesartenschutzverordnung aufgeführt ist, gelten die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 44 BNatSchG): nicht töten, verletzen, fangen, stören oder ähnliches! Das trifft beispielsweise auf den Rosenkäfer zu (siehe Engerlinge im Garten und auf dem Balkon), nicht aber auf die Maulwurfsgrille. Wo es geht, sollte man sich aber auch ohne den Zwang des Gesetzes vom Arten- und Naturschutzgedanken leiten lassen.

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Artenschutz-Einstufungen und Vorschriften ändern sich ständig. Ich habe sorgfältig recherchiert, aber ich kann keine Garantie für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen geben. Jede Haftung ist ausgeschlossen.

Über Eva Schumann

Garten(bau) und Gärtnern sind meine Therapie und Leidenschaft und sie waren viele Jahre mein Beruf. Zu meinem Gartenbau-Studium kam ich über den zweiten Bildungsweg, denn da lernte ich den Spaß am Lernen und lebenslanges Lernen wurde zu meinem Lebensmotto. Ich wurde Fachfrau auf sehr unterschiedlichen Gebieten - von der Einzelhandelskauffrau Parfümerie, über die Diplom-Ingenieurin Gartenbau (FH) mit Berufserfahrung im biologischen Pflanzenschutz und der Beratung von Hobbygärtnern, zur zertifizierten Netzwerk- und Internetmanagerin, technischen Redakteurin und anderem mehr. Bisher finanzierte ich meine Online-Veröffentlichungen über Werbung, was seit der zunehmenden mobilen Nutzung und den Werbeblockern immer schlechter funktioniert. Deshalb kann man mich jetzt auch per Paypal ("Kaffeekasse") unterstützen: paypalme/eva4tinto. Danke!
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